Forschungsprojekt zur Wirtschafts-, Sozial- und Allgemeinen Geschichte des Vilstalklosters

Antragsteller

  • PD Dr. Robert Klugseder, Principal Investigator, Österreichisches Zentrum für Digitale Geisteswissenschaften und Kulturelles Erbe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW)
  • Prof. Dr. Georg Vogeler, Nationaler Forschungspartner, Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz (Digital Humanities)
  • Prof. Dr. Mark Spoerer, Internationaler Forschungspartner, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Regensburg
  • Prof. DI Dr. Roman Kern, Nationaler Forschungspartner, Know Center der TU Graz (KI Forschung)
  • Bibliotheksdirektor Dr. Bernhard Lübbers, Staatliche Bibliothek Regensburg (Berater)

Projektmitarbeiter

  • Sebastian Pößniker, M.A., Doktorand Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Regensburg
  • Maximilian Vogeltanz, BA MA MA, Doktorand Digital Humanities, Universität Graz
  • N.N., studentischer Mitarbeiter, Transkribus (ÖAW)
  • N.N., freier Dienstnehmer Lateinlektorat (ÖAW)
  • Mag. Johannes Schwarz, freier Dienstnehmer Donauschriftdeutsch in Kurrentschrift (ÖAW)
  • Dr. Mark Kröll, Computer Science, Know Center Graz

Laufzeit 1. Mai 2024 - 30. April 2027

Fördergeber Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und FWF. Österreichischer Wissenschaftsfond (Weave-Programm zur inter­nationalen Zusammenarbeit)

Budget 548.000 EUR

Partner Read Coop SCE (Transkribus) und Bayerisches Hauptstaatsarchiv München




Erweiterter Forschungskontext
Mittelalterliche Rechnungsbücher bieten eine Vielzahl von Einblicken, nicht nur in das alltägliche klösterliche Leben, sondern auch in die sogenannte "große" Geschichte. Vor allem liefern diese Quellen eine umfassende Dokumentation der wirtschaftlichen Aktivitäten eines bestimmten Klosters. Insofern stellen diese Texte hochrelevante und unschätzbare historische Daten dar. Diese Aufzeichnungen, oft bis ins kleinste Detail reichend, können für zahlreiche historische Disziplinen entscheidend sein - und reichen weit über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte hinaus. Es ist daher ein häufiges Forschungsanliegen, diese Texte als digitale Daten zur Verfügung zu stellen.

Forschungsfragen
Eine akribische Untersuchung der Rechnungsbücher von Aldersbach wird die aktuelle Forschung in zwei Schlüsselbereichen erweitern. Die erhaltenen späteren Rechnungsbücher, die weitgehend intakt sind von 1449 bis 1519 und dann wieder von 1528 bis 1567, beherbergen eine Fülle von Daten zu Preisen und Löhnen. Auf der Grundlage eines typischen regionalen Warenkorbs ermöglichen diese Daten die Berechnung von Reallohnen. Von besonderem Interesse sind die detaillierten Verträge, die die Abtei Aldersbach mit ihren Familiares ausgehandelt hat. Diese Verträge listen alle erwarteten Leistungen und die entsprechende Vergütung auf und ermöglichen die genaue Bestimmung des Lebensstandards nicht nur der unteren Klassen, sondern auch höherer Berufsgruppen.

Methodik
Transkribus ist eine Plattform, die für die Digitalisierung von historischen Dokumenten entwickelt wurde. Sie verwendet die KI-Technologie der Handwritten Text Recognition, um Text aus gescannten Dokumenten zu extrahieren und diesen Inhalt in ein codiertes digitales Format umzuwandeln. In diesem Projekt werden auf diese Weise automatisierte Transkriptionen der Konten erstellt. Ziel der Digital Humanities (DH), die die Transkriptionen verarbeiten, ist es, Datenstrukturen zu destillieren, die für Sozial- und Wirtschaftshistoriker analysierbar sind. Aus der Sicht der prämodernen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sind Löhne und Preise entscheidende Daten. Unter Nutzung des Datensatzes der Edition wird es möglich sein, die in den Konten für diese Dienstleistungen eingetragenen Geldbeträge auf Jahreslöhne für den in der Edition annotierten Empfänger zu extrapolieren. Die Ergebnisse der wirtschaftshistorischen Dissertation mit dem Arbeitstitel "Leben und Arbeit im spätmittelalterlichen Kloster: Eine Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Klosters Aldersbach 1449–1567" werden nach Abschluss des Projekts veröffentlicht.

Originalitätsgrad
Die reichhaltige Erhaltung der Rechnungsbuchaufzeichnungen des Klosters, zusammen mit der Tatsache, dass Aldersbach in dieser Periode eine durchschnittlich große religiöse Gemeinschaft mit etwa 50 Angestellten war (ähnlich große Gemeinschaften waren in ganz Europa verbreitet), macht dieses niederbayerische Kloster zu einem veritablen Prototyp. Der Einsatz der Handschriftenerkennung zur Entzifferung der schwer lesbaren lateinischen Rechnungsbücher und die automatisierte Datenverarbeitung durch die DH für eine auf dieser basierenden wirtschafts- und sozialhistorischen Klassifizierung kann in dieser Kombination als sehr effizient und innovativ angesehen werden.