Das Zisterzienserkloster Aldersbach und seine Grund- und Gerichtsherrschaft

von Dietmar Stutzer (aus: Festschrift 1250 Jahre Aldersbach 1985, 47-64)


[Einige Inhalte bzw. Aussagen dieses Artikels spiegeln nicht mehr den Stand der Forschungen wider bzw. sind nicht mehr haltbar. Nichtsdestotrotz fehlt eine aktuelle und vergleichbare Abhandlung zur Wirtschaftsgeschichte des Klosters, was die Arbeit Stutzers auch heute noch lesenswert macht].


Aldersbach ist zwar nicht das älteste Zisterzienserkloster Bayerns - das ist dem Gründungsdatum nach Raitenhaslach - aber es ist gleichsam das Urkloster der allerdings nur wenigen zisterziensischen Gründungen in Bayern gewesen. Dies liegt an seiner zentralen Rolle innerhalb der bayerischen Gründungen der grauen Mönche, durch Aldersbach wurde das zisterziensische Prinzip der Filiationen verwirklicht. Darunter versteht die Ordensregel der Zisterzienser, eine Ableitung aus der Benediktinerregel, die Führungs- und Wirtschaftsverfassung der Niederlassungen des Ordens, die, um es mit modernen Worten auszudrücken, gleichsam nach dem Konzern-Prinzip gestaltet wurde. An der obersten Spitze stand das zisterziensische Mutterkloster Cîteaux im burgundischen Gründungsort, an dem einmal im Jahr das Generalkapitel zusammenkam, das alle grundsätzlichen Beschlüsse für den Orden und seine Tätigkeit zu fassen hatte. Darunter standen örtliche Zentralgründungen, die wieder ihre Filiationen, also ihre Tochterniederlassungen hatten, deren Ordens- und Wirtschaftsleben unter der Oberleitung des Zentralklosters stand. Aldersbach hat diese Zentralfunktion noch bis in die Barockzeit hinein für Fürstenzell und die Frauenabtei Seligenthal und sogar für das mit weit größerem Besitz ausgestattete Fürstenfeld ausgeübt. Auch das strenge Arbeits- und Unternehmensgebot der Zisterzienserregel wurde in Aldersbach mit größerer Folgerichtigkeit angewandt als in den übrigen bayerischen Zisterzen. Das Kloster besaß seine Mayrhöfe, also landwirtschaftliche Betriebe, in denen die Mitglieder der Ordensgemeinschaft ihrer Handarbeitspflicht, die vor allem eine Landarbeitspflicht war, nachgekommen sind, bis zur Säkularisation [falsch, spätestens seit dem 14. Jahrhundert durch angestellte Bauern]. Hinzu kamen die Führungsaufgaben gegenüber den weiter entfernt liegenden Zisterzen Gotteszell, Raitenhaslach und die bei Rain am Lech gelegene Frauenabtei Niederschönenfeld.

Dieses, im hohen Mittelalter strenggehandhabte Arbeitsgebot, das die Zisterzienser zu den ersten landwirtschaftlichen Großunternehmern des Mittelalters gemacht hat, ergibt sich aus der orthodoxen Anwendung des Kapitels 48 der Benediktinerregel, das einen ständigen Wechsel von körperlicher und geistiger Arbeit im Tages- wie im Lebenslauf vorschreibt. Die Zisterzienser haben dieses Gebot vor allem auf die landwirtschaftliche Arbeit bezogen und sind deshalb zu dem großen europäischen Kolonisationsorden geworden. In der konsequenten Anwendung des Exordium cistercii und der Charta caritatis, den beiden Regelwerken des zisterziensischen Lebens, tragen die grauen Mönche zum Zeichen ihrer persönlichen Demut eine unscheinbare graue Kutte, sie lassen sich vorzugsweise in Flusstälern und in Waldgebieten nieder, die kolonisiert werden müssen, sie bauen schmucklose Kirchen ohne Türme und vor allem: sie üben keine Herrschaft aus. Ein Zisterzienserabt ist kein weltlicher Herr über Untertanen, die ihm Abgaben zu leisten haben, der Lebensunterhalt soll durch eigene landwirtschaftliche Arbeit und eigene Marktproduktion gesichert werden.

Es ist nun interessant zu sehen, dass es eine Verwirklichung dieses Teils der Regelgebote bei den bayerischen Zisterziensern nicht einmal im Einflussgebiet ihres Stammklosters Aldersbach gegeben hat. Im bayerischen Altsiedelland gab es im Jahr der Besiedlung von Aldersbach mit Zisterziensern, nämlich 1146, schon lange kein rodungsbedürftiges Land mehr. Noch weniger waren völlig unwegsame, unerschlossene Flusstäler und Sumpfgebiete zu finden, in denen zur gleichen Zeit in Mittel- und Ostdeutschland so viele Zisterzen gegründet wurden. Worauf es vielmehr ankam, war die Schaffung eines örtlichen geistlichen Zentrums, das neben der Organisation der Seelsorge und des Schulwesens auch Zentralfunktionen für die Gebietsentwicklung und den landwirtschaftlichen Fortschritt erfüllen konnte. So waren die grauen Mönche am Ausgang des Vilstals schon von Anfang an Grundherren und Obereigentümer an landwirtschaftlichen Anwesen in ihrem Einflussraum. Jahrhunderte lang haben sie diese Herrschaftsrechte erbittert und mit Erfolg verteidigt. Wie diese Herrschaft ausgesehen hat, überhaupt wie die Landschaft um Aldersbach im hohen Mittelalter besiedelt und bewirtschaftet war, das lässt sich aus einem frühen Herrschaftsregister über den Aldersbacher Grundbesitz nachlesen. Es heißt: Registrum cum documentis monasterii Beatae virginis Mariae de Alderspachio de anno MCCXXXIII und enthält die Angaben über die Entwicklung der Aldersbacher Grundherrschaft während ihrer Ausformung im hohen Mittelalter, nämlich von 1233 bis 1343.

Nach diesen Aufzeichnungen lassen sich Grundbesitzungen in 231 niederbayerischen Ortschaften und Einöden nachweisen, der in 348 grundbaren Bauernhöfen bestand. An ihnen hatte Aldersbach das Obereigentum.

Was war aber nun eigentlich eine Grundherrschaft, ob die der Zisterzienser von Aldersbach, jene der Benediktiner von Niederalteich oder auch die der Grafen von Taufkirchen in Ruhstorf im Rottal oder die der Freiherren Riederer von Paar in Schönau? Kaum ein Rechts- und Wirtschaftsbegriff der Geschichte ist so mit Missverständnissen, Missdeutungen und Vorurteilen beladen wie dieser Grundherrschaftsbegriff. Besonders die Marxisten versuchen noch heute dieses System als Beleg dafür zu verwenden, dass der Bauer und Arbeiter der Vergangenheit in Knechtschaft und Leibeigenschaft ohne persönliche und wirtschaftliche Freiheiten der Ausbeutung durch die Grundherren ausgeliefert war.

Wenn man die bayerischen Verhältnisse zum Maßstab nimmt, dann kann man sagen, dass die Grundherrschaft ein Stück des verwirklichten Lehensstaates war. Er hat sich aus dem Grundgedanken des mittelalterlichen Sozialsystems entwickelt, dem Gedanken nämlich, dass alles, was auf der Welt ist, ganz besonders aber der Boden, auf dem sich jede Form des Lebens abspielt, von Gott kommt und ihm gehört. Gott wieder hat dem weltlichen Herrscher, dem kaiserlichen oder königlichen Lehensherrn das Recht verliehen, einen Teil des Bodens an nachgeordnete Lehensvasallen auszugeben, die vor allem aus dem Adel kamen. Oft hat er aber auch Ordensgemeinschaften als Lehensträger ausgewählt - die ostbayerischen Urklöster des 8. und 9. Jahrhunderts waren meistens landesherrschaftliche Stiftungen. Der Adel, und ihm gleichgestellt auch die Orden leiteten aus diesem Grundgedanken das Recht ab, sich Hintersassen zu schaffen, also Bauern auf einem Stück Boden anzusiedeln, an dem sie das lehensherrschaftliche Obereigentum behielten. Das bäuerliche Eigentum der Vergangenheit war deshalb im eigentlichen Wortsinn ein Be-Sitzeigentum, also das Recht, einen Hof mit seinem Boden zu besitzen, ihn also zu bewirtschaften und zu nutzen, während das Verfügungseigentum mit dem Oberherren, eben dem Grundherrn geteilt werden musste. In diesem System war keiner völlig frei im Sinne von Schrankenlosigkeit oder gar Willkür. Der Bauer war an den grundherrschaftlichen Obereigentümer und dieser wieder an den Landesherrn, und der schließlich an Gott als seinem obersten Herrn gebunden, dem sie allesamt irgendwann einmal Rechenschaft abzulegen hatten.

Wenn dieses System auch geschlossen war, so war es doch nicht einheitlich. Der Grund liegt darin, dass es pyramidenförmig aufgebaut war. Das göttliche Lehen irdischer Güter an der Spitze bedurfte keiner anderen Mittel der Verwirklichung als die der Schöpfung. Das kaiserliche oder königliche Lehensrecht dagegen war ein Stiftungsrecht, der Landesherr hatte die Möglichkeit, seine Vasallen zu „bestiften“. Er konnte ihm also durch eine Rechtsurkunde Nutzungs- und Herrschaftsrechte an einem bestimmten Stück seines Gebietes übertragen. Investieren brauchte er bei diesem Vorgang dagegen nicht. Anders bei den Grundherren, die Hintersassen sesshaft machen, also Bauern mit Höfen „bestiften“ wollten. Sie brauchten Leute und Kapital, denn Haus und Hof mussten eingerichtet, Vieh und Gerät beschafft, Saatgut und auch Infrastrukturen bereitgehalten werden, etwa durch Wegebau. Wer also Grundherr werden wollte, musste investieren, musste für seine Hintersassen solche Anwesen schaffen und stand damit letztlich vor Finanzierungsproblemen. Die Klöster in Bayern waren von Anfang an wegen ihrer Größe und wegen ihrer umfangreichen Verfügung über Arbeits- und Zugkräfte am ehesten in der Lage, diese Leistungen zu erbringen, und deshalb sind sie auch zu den größten Grundherren des Landes geworden, zu denen 56% aller Anwesen grundbar waren. Wenn der Aldersbacher Bauer aus Sammarei oder Nöham an sein Kloster Abgaben entrichtete, dann tat er es auch deshalb, weil er damit eine Nutzungsgebühr für überlassenes Kapital abführte, denn im System der Grundherrschaft war es möglich, nur mit eigener Arbeitskraft, aber ohne eigenes Kapital zum selbständigen Bewirtschafter eines landwirtschaftlichen Anwesens zu werden.

Das vorhin genannte Register über die Aldersbacher Grundherrschaft, das diese Verhältnisse wiedergibt, ist mit dem Jahr 1233 begonnen worden und zieht sich bis 1343 hin. Dieser Zeitraum deckt sich mit dem Ausbau der Aldersbacher Grundherrschaft, zugleich kündigt sich darin auch die Bildung der Hofmarken von Aldersbach an, wie sie im 14. Jahrhundert als Folge der Ottonischen Handveste von 1311 zuerst in Niederbayern, später in ganz Altbayern entstanden sind. In Registerform enthält es eine Beschreibung der abgabenpflichtigen Objekte und zugleich eine Sammlung der Dokumente, mit denen Grundherr und Bauer sich gegenseitig verpflichtet haben. Von einem Einzeltext zum anderen mischen sich das so überaus geschmeidige Mittellatein und Mittelhochdeutsch. Auch innerhalb der einzelnen Texte selbst trifft man ein buntes Gemisch von Latein und Mittelhochdeutsch an. Das Latein, das damals in Niederbayern geschrieben wurde, hat übrigens viele Ähnlichkeiten mit dem Italienischen, das damals in Norditalien entstanden ist, das Mittelhochdeutsch ist jenes der Zeitgenossen Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide. So sind die mittelalterlichen Überlieferungen von Aldersbach auch sprachgeschichtliche Denkmäler von großem Reiz, umso mehr, als sie nach der Übung der Zeit die Wirtschaftsvorgänge, mit denen sie sich beschäftigen, in einer sehr bilderreichen Sprache beschreiben. Zugleich wird hier deutlich, wie früh die Schriftlichkeit des Lebens, also das Festhalten von Lebensvorgängen in Dokumenten, in Niederbayern eingesetzt hat und wie hoch sie jedenfalls in einer Klosterherrschaft bereits entwickelt war.

Die Aldersbacher Grundbeschreibung ist auch eine bauerngeschichtliche Quelle Niederbayerns von hohem Rang. Jede der einzelnen Hofbeschreibungen enthält nämlich bereits Ansätze von Betriebsbeschreibungen. Man kann aus ihnen erschließen, dass der niederbayerische Bauernhof an der Vils und an der Rott bis hinüber nach Landau und in die Gegend von Dingolfing damals bereits Betriebscharakter hatte. Er war also eine in sich abgeschlossene Organisationseinheit mit einer hochentwickelten systematischen Bodennutzung und einer sorgfältig durchgebildeten Fruchtfolge. Die niederbayerischen Bauern haben im 13. Jahrhundert bereits in größerem Umfang Weizenanbau betrieben, denn bei keiner einzigen Hofbeschreibung fehlt die Angabe über die Abgabepflicht von Weizen. Das ist durchaus noch keine Selbstverständlichkeit, in den weniger weit entwickelten Agrargebieten Deutschlands waren der Dinkel und der Spelz, also die botanischen Urformen des Weizens, damals noch weit wichtigere Halmfrüchte. Man kann daraus schließen, dass Vorformen der systematischen Pflanzenzucht durch die Auswahl und Sortierung von Saatgut bei d en Bauern bereits selbstverständlich waren. Zwischen 1230 und 1300 hat man in den Höfen an der Vils auch schon die Pferdeanspannung gekannt, und auch dies war noch keineswegs überall selbstverständlich. Das wichtigste Zugtier der früh- und hochmittelalterlichen Landwirtschaft war das Rind, besonders der Ochse, Pferde waren zu dieser Zeit in den meisten Agrarlandschaften als Arbeitstiere noch zu schwer zu beschaffen und zu teuer. Erst der spätere Übergang auf Pferdeanspannung im14. Jahrhundert hat wegen der größeren Arbeitsgeschwindigkeit bei der Bodenbearbeitung und der höheren Widerstandskraft der Pferde gegen Wärme wesentliche technische Verbesserungen in der Landwirtschaft gebracht. In der Aldersbacher Grundherrschaft müssen aber diese Fortschritte schon vor 1250 allgemein verbreitet gewesen sein.

Klimageschichtliche Hinweise kann man aus der Tatsache erschließen, dass Aldersbach umfangreiche Abgaberechte auf Wein an jene Bauern seiner Grundherrschaft hatte, die an den südschauenden Hängen des Donautales und des unteren Vilstals wirtschafteten. Ein Teil der niederbayerischen Landwirtschaft hat damals intensiven Weinbau betrieben. Dies ist ein Beleg mehr für den tiefgreifenden Klimawandel, der sich zwischen 1550 und 1740 ergeben hat und der von den Geschichtsforschern sogar eine „kleine Eiszeit“ genannt wird. Im hohen Mittelalter dagegen hat das niederbayerische Hügelland ein weit wärmeres und sonnenreicheres Klima gekannt als in der Neuzeit und auch als heute. Sicherlich hängt der hohe Entwicklungsstand der Landwirtschaft im Aldersbacher Herrschaftsgebiet zu dieser Zeit auch mit diesem günstigeren Klima zusammen. Auch das bis heute bestehende kombinierte System der Personennamen lässt sich für diese Zeit für Aldersbach sowie für seine Dörfer bereits nachweisen. Es besteht aus wechselnden Vornamen und gleichbleibenden Familiennamen, die meistens abgeleitet sind. Die Bauern sind überwiegend mit einem solchen kombinierten Namen bezeichnet, z.B. „Ulricus de Plankstetten“ oder auch „Ulrich der Plankstettener“. Zuweilen bleibt aber auch schon das Partikelwort weg, so dass ein Vor- und Familienname entsteht, wie wir ihn noch heute verwenden. Hier kann man auch erkennen, dass die Formen der Namensgebung zwischen dem Adel und den Bauern im Mittelalter gar nicht so unterschiedlich waren. In jedem Falle wurde die Person mit einem Vornamen bezeichnet, der ihr ganz eigener Name war, dann folgte die Herkunftsangabe, die mit der Bezeichnung „von Plankstetten“, also „aus“ Plankstetten ausgedrückt wurde. Etwas anderes sagt letztlich ja auch das Adelsprädikat nicht aus. Wie treffend die Angabe von Karl Bosl die geschichtliche Wirklichkeit beschreibt, dass wir nämlich allesamt von Leibeigenen abstammen, auch der Adel, lässt sich hier wieder einmal erkennen.

Auch sonst geben diese Beschreibungen vielfältige Auskünfte über die Wirtschaftsweise der mittelalterlichen Bauern an Vils und Rott. So ist die Dreifelderwirtschaft mit Winterung, Sommerung und Brache bereits überall eine Selbstverständlichkeit, die Fruchtfolgen sind hoch entwickelt und werden durch den Wechsel von bodenzehrenden und bodenschonenden Früchten, von Anbau zur Ernte und Brache zur Bodenschonung gekennzeichnet. Die Viehhaltung war vor allem auf die Gewinnung von Zugkraft und Dünger ausgerichtet, zugleich wurden aus den Erträgen der Viehhaltung viele Abgabeverpflichtungen an das Kloster erfüllt, die im sogenannten Küchendienst bestanden, also in der Ablieferung verzehrfertiger Nahrungsmittel, wie Schmalz, Eier, Schlachtgeflügel und Kälber. Hier lässt sich in Aldersbach wie bei den meisten anderen Klöstern eine recht nachdrückliche Art der Abgabenerhebung beobachten, den Zisterziensern war die Erfüllung dieses Küchendienstes oft wichtiger als die Bezahlung von Geldabgaben. Erklären lässt sich dieses Verhalten aus dem großen Lebensmittelbedarf der umfangreichen Klosterküchen, die ja nicht nur für den Bedarf der Ordensgemeinschaft, sondern auch für den des Gesindes, der Schulen, der Sozialeinrichtungen und nicht zuletzt jenen der umfangreichen Herbergspflichten zu arbeiten hatten.

Grundlage des Abgabesystems war die Naturalabgabe, die auf die Ernte bezogen war. Die Stiften, Gülten und Dienste waren im wesentlichen Prozentabgaben vom jeweiligen Bodenertrag. Hinzu kam der Zehnte, also die Abgabe des zehnten Teiles der Ernte, doch das ist mehr ein Systembegriff. Beim Wein z.B. stand Aldersbach nur der 20. Teil des Ertrages zu, bei Gartenpflanzen sogar nur der 30. Auch schon im Mittelalter war bekannt, dass man dieses System nicht überall anwenden kann, etwa bei den Erträgen der Viehwirtschaft, so dass sich daraus die eben beschriebenen Küchendienste entwickelt haben. Diese Küchendienste gereichten übrigens weder den Prälaten noch den Oberköchinnen der Klosterküchen immer zur reinen Freude. Mit nachtwandlerischer Sicherheit wussten nämlich die Bäuerinnen stets die ältesten Suppenhennen herauszufinden, die ins Kloster getragen wurden, und die Schaffner, die zur Entgegennahme der Abgaben berechtigt waren, hatten fast immer einen besonderen Blick für faule Eier, die regelmäßig unter die Küchendiensteier gemischt worden waren. In manchen Gebieten des Rottals, wo Aldersbach grundbare Höfe hatte und die Milchviehhaltung stark entwickelt war, war auch Käse abgabepflichtig.

Recht bemerkenswert ist, dass schon im hohen Mittelalter die Geldwirtschaft offensichtlich weit entwickelt war. Es gibt nämlich nicht einen der 348 beschriebenen Höfe, der nicht auch Stiften in Geld entrichtet hätte. Für sie wurde meist der Name Pfennig verwendet. Heute tut man sich schwer, diesen Begriff richtig einzuordnen, weil der Pfennig ja inzwischen eine Scheidemünze geworden ist die fast keinen Wert mehr hat. Er wird bei Geschäften mit großen Massen vor allem als Recheneinheit verwendet. Im Mittelalter gab es nur den Pfennig als Währungseinheit, die Mark dagegen war ein Gewichtsbegriff, nämlich für Silber. Man hat damals nur angegeben, wieviel Pfennigmünzen aus der Mark Silber geschlagen werden konnten, abgerechnet wurde nicht in Mark. Sobald größere Beträge zu erfassen waren, dann hat man die Münzeinheit mit der Gewichtseinheit kombiniert und von „Pfund Pfennigen“ gesprochen. In der bereits hoch entwickelten Verkehrswirtschaft an der Donau sind weit vor 1400, jenem Jahr, von dem ab Abgaben und Steuern in Geld berechnet und eingetrieben werden, viele Vorgänge des Wirtschaftsverkehrs bereits in Geld abgewickelt worden.

So aussagekräftig das Aldersbacher Register von 1233 auch ist, es wäre müßig, berechnen zu wollen, wie hoch die Abgabenlast der Bauern gewesen ist und was das Kloster aus seiner Grundherrschaft eingenommen hat. Dies wäre deshalb müßig, weil das erschlossene geschichtliche Material zur Ermittlung des Produktionsumfanges der einzelnen Höfe und ihrer Leistungen noch nicht ausreicht. Um sich hier einen Begriff zu verschaffen, must man Jahrhunderte überspringen und bis ins 18. Jahrhundert gehen. Damals war das Aufschreibungssystem schon so weit entwickelt, dass es Auskunft über die Ertragsverhältnisse geben kann. Natürlich sind Betrachtungen über so lange Zeitunterschiede nicht unbedenklich, aber wenn es um die Wirtschafts- und Lebensverhältnisse auf dem niederbayerischen Dorf geht, dann kann man dieses Verfahren hinnehmen, denn die großen landwirtschaftlichen Veränderungen in der bayerischen Agrargeschichte haben sich zwischen 1200 und 1400 und dann wieder seit etwa 1760 abgespielt, während in der Zwischenzeit die Verhältnisse einander recht gleichgeblieben sind.

Zunächst muss man sich dazu einen Überblick über den Umfang der Aldersbacher Grundherrschaft verschaffen. Sie bildete kein geschlossenes und räumlich zusammenhängendes Gebiet, der Zusammenhang war mehr rechtlicher Natur. Natürlich lagen aber die meisten Höfe und Söldenstellen, die zu den Zisterziensern gehörten, in der Nähe von Aldersbach, im Ort selbst und in den umliegenden Dörfern und Weilern. Viele Besitzungen finden sich aber auch in den Gerichtsbezirken Dingolfing und Griesbach, vereinzelt auch im Landshuter Raum. Die Abgabenregister des 18. Jahrhunderts geben 87 ganze Höfe an. Das ist ein bewertungssystematischer Begriff. Man hat die Höfe nach dem Hoffuß eingeordnet, die Grundeinheit war der ganze Hof, die Unterteilung in halbe Höfe, viertel Höfe, achtel Höfe, sechzehntel Höfe bis hinunter zum vierundsechzigstel Hof sind Sexagesimalbrüche aus der Basiseinheit des ganzen Hofes Dieser Begriff bedeutet, dass die Aldersbacher Zisterzienser- und nicht nur sie - noch das babylonische Zahlensystem anwandten. Dieses babylonische Zahlensystem war ein Positionssystem zur Basis 60, der alte bayerische Gulden hatte z.B. 60 Kreuzer. Nach dem gleichen System wurden auch die Hoffüße berechnet, so hatte Aldersbach im Landgericht Dingolfing 12 ganze und 15 zweiunddreißigstel Höfe. Dieses System wurde für die Steuerbemessung verwendet, ein viertel Hof zahlte etwa 1/4 der Abgaben eines ganzen Hofes.

Aldersbach hatte also 87 ganze Höfe als Steuermesseinheiten, verteilt auf 351 Anwesen. Somit bildete der viertel Hof den Durchschnitt. Im niederbayerischen Hügelland war er meist mit Bodenflächen von 10-15 ha ausgestattet. In Aldersbach selber und in der näheren Umgebung bestand die Mehrheit der grundbaren Anwesen aus 1/16 bis 1/32 Höfen, und das waren damit Sölden- und Häuserstellen. Fast 60% der grundbaren Anwesen von Aldersbach gehörten zu diesen Söldenstellen, also zu den kombinierten landwirtschaftlichen und handwerklichen Teil- und Nebenerwerbsanwesen. Deswegen hatte das Kloster ja auch für seine Grunduntertanen eine so umfassende Bedeutung, weil es auf seinen eigenen großen Betrieben, in der Brauerei, in den Forsten und in der Weinkellerei viele Möglichkeiten der Lohnarbeit im Tagelohn bot, und zugleich den Söldner einen Teil ihre handwerklichen Nebenprodukte abnahm.

Zu vielen Missverständnissen haben die Unterschiede zwischen Grundherrschaft und Gerichtsherrschaft geführt. Meist werden beide Begriffe miteinander verwechselt. Die Grundherrschaft beschreibt wirtschaftliche Rechtsbeziehungen, die Gerichtsherrschaft, die sich in Form der Hofmarken verwirklichte, dagegen niedergerichtliche und ortshoheitliche Rechtsbeziehungen. Aldersbach hatte 7 Hofmarken, neben Aldersbach selbst Biegendorf, Mamming, Gottfrieding, Rainding, Schmiedorf und Münchshausen. Sie lagen mit Ausnahme von Aldersbach weit entfernt vom Kloster selbst, nämlich in der Gegend von Landshut, Dingolfing, im Rottal, bei Landau und im später österreichischen Innviertel. Das Kloster war hier der Niedergerichtsherr, hatte also das Recht der Amts- und Urkundsgerichtsbarkeit sowie auf die Erhebung von Gebühren und Abgaben für Verwaltungs- und Rechtshandlungen. Das war kein sonderlich gutes Geschäft, denn aufgrund staatlicher Gesetze aus dem 15. und 16. Jahrhundert waren die Hofmarksherren nicht nur zu einer umfassenden Aktenführung für ihre Untertanen, sondern auch zur Besoldung weltlicher Juristen, bei den Klöstern meistens „Hofrichter“ genannt, verpflichtet, die den Untertanen für ihre Rechtsgeschäfte zur Verfügung standen. Aus der Grundherrschaft und ihrem gerichtsherrschaftlichen Verwaltungs- und Abgabensystem konnten die Zisterzienser im 17. und 18. Jahrhundert, nachdem die Geldwirtschaft ein Übergewicht erlangt hatte, Jahreseinnahmen im Wert von etwa 8200 Gulden erwarten. Dies wurde jedenfalls bei der Säkularisation 1803 festgestellt, als man zum ersten Mal in der Wirtschaftsgeschichte Bayerns alle Naturalleistungen nach Marktpreisen in Geld bewertete. Die verhältnismäßig niedrigen Getreidepreise Niederbayerns, das seit dem späten Mittelalter meistens Getreideüberschüsse erzeugt hat, waren die Grundlage dieser Umrechnung von Naturalleistungen und Abgaben in Geld. Etwa die Hälfte dieser Gesamteinnahmen entfiel auf die Stiften und Gülten, sie kann man am ehesten als ein Gemisch von Grundsteuer und Pacht bezeichnen. Seit dem 15. Jahrhundert wurden sie in Geld entrichtet, aber wie die Aldersbacher Aufzeichnungen erkennen lassen, hat es schon auf der Höhe des Mittelalters regelmäßigen Geldverkehr gegeben. An nächster Stelle standen mit etwa 2500 Gulden die Laudemien. Sie waren so etwas wie eine kombinierte Erbschafts- und Besitznachfolgesteuer, die fällig wurde, wenn der Übergabe- oder Erbfall auf dem Anwesen eingetreten war. Bis zu 10% des Schätzwertes konnten erhoben werden, aber der übliche Hebesatz waren 5-7%. Von den Bauern wurde dieses Laudemium als besonders drückend empfunden, und dies mit gutem Grund. Es war nämlich immer dann fällig, wenn wegen der Auszeigung des Austrags, also der Versorgung der Altenteiler und der Auszahlung der weichenden Erben, der Hof sowieso in einer sehr angespannten wirtschaftlichen Lage war. Deshalb haben fortschrittliche Grundherren, zu denen seit dem Dreißigjährigen Krieg besonders die Aldersbacher Abte mit ihrem großen Einfluss auf die Filiationsklöster gehörten, immer wieder Überlegungen angestellt, wie diese Belastungen für die Bauern günstiger gestaltet werden könnten. Eine Lösung wurde bis 1779 nicht gefunden, die am häufigsten gewährte Erleichterung war die unbefristete Stundung dieser Abgabe, so dass ein Teil der Kredite, die vom Kloster an seine Untertanen ausgereicht wurden, in solchen Stundungen bestanden. 1779 fand dann der bayerische Staat als erster deutscher Staat überhaupt eine bauernfreundliche Lösung, den landesherrschaftlichen Urbarbauern, das waren etwa 14% aller bayerischen Bauern, die meist in Niederbayern ansässig waren, wurde in jenem Jahre angeboten, das Laudemium in sogenannte Maierschaftsfristen umzuwandeln. Dies bedeutete, dass die Abgabe im Erb- oder Übergabefall in zwanzig gleiche Jahresraten ohne Zinsbeischlag gestückelt und sozusagen in eine Ratenzahlung umgewandelt wurde. Den adeligen und klösterlichen Grundherren wurde empfohlen, sich diesem Angebot anzuschließen, in Niederbayern wurde mehr Gebrauch davon gemacht als in Oberbayern, eine der ersten nichtstaatlichen großen Grundherrschaften, die sich an dieser Neuerung beteiligten war Aldersbach. Viele Geschichtsforscher meinen heute, dass Bayern mit dieser, zur damaligen Zeit überaus fortschrittlichen Maßnahme, in Deutschland gleichsam die spätere Grundentlastung zugunsten der Bauern eingeläutet hat.

Doch zurück zu den Grundherrschaftsabgaben an das Zisterzienserstift in Aldersbach. Es gab auch noch den Küchendienst, wie er vorhin schon beschrieben wurde. Er hatte einen durchschnittlichen Jahresgeldwert von 900 Gulden. Mit diesen Geldangaben kann der heutige Leser begreiflicherweise nicht mehr viel anfangen, weil er die Kaufkraft nicht mehr messen kann. Einen ganz guten Hinweis geben aber Preise für wichtige Agrarprodukte. So kostete etwa eine Milchkuh 18-24 Gulden, ein Arbeitsochse 30-40 Gulden, ein Ackerpferd 40-60 Gulden. Man kann also annehmen, dass die Abgabe dieser direkt verzehrfähigen Lebensmittel den Wert von etwa 30 Arbeitsochsen ausmachte, ein Betrag, der ganz gewiss nicht gering anzusetzen ist. Heute würden 30 Ochsen mit einem Lebendgewicht, das etwa dem eines Arbeitstieres entspricht, ungefähr 60-65.000 DM [~ 60.000 EUR in 2022] kosten. Schließlich hatte der Grundherr noch einen Anteil an der Ernte, den Zehnten. Er entsprach etwa einer 10%igen Bruttoabgabe von der Getreideernte, so wie sie in Kornmandln nach der Mahd auf dem Feld stand. Dieses Abgabensystem bewirkte, dass der Grundherr stets voll am Ernterisiko des Bauer beteiligt war, und dies war auch ganz im Sinn des damaligen Steuersystems.

Auch an den Preisschwankungen waren beide Seiten voll beteiligt, stieg der Getreidepreis, dann stieg natürlich auch die Abgabenbelastung, ging er zurück, erhielten die Grundherren einen entsprechend geringeren Wert aus den Abgaben ihrer Bauern.

Dieses System hatte sich in langen Jahrhunderten herausgebildet. Den ganzen Vorgang nennt die Geschichtsforschung die „Verdinglichung persönlicher Lasten“. Gemeint ist damit, dass sich das ursprüngliche Abgabensystem, das im wesentlichen aus römischen und germanischen Traditionen stammt, nämlich die volle Überlassung der eigenen Arbeitskraft der Hörigen gegenüber dem Grundherrn, langsam in eine Pflicht der Abgabe von Sachen und Produkten umgewandelt hat. Ein Teil des antiken Systems ist aber erhalten geblieben, nämlich das sogenannte Scharwerk. Das waren Arbeits- und Leistungspflichten der Bauern in den landwirtschaftlichen oder auch handwerklichen Eigenbetrieben der Grundherren. Ein Rest davon existierte auch noch 1803, als die Säkularisation erfolgte, der neue Scharwerksherr wurde der Staat, der aber für die Arbeitsleistungen der Bauern meistens keine Verwendung hatte und deshalb die bereits vielfältig geübte Praxis ausdehnte, sich die Scharwerksleistungen in Geld ablösen zu lassen. Aldersbach hatte als eine der ersten großen Grundherrschaften in Niederbayern damit schon im 16. Jahrhundert begonnen, einfach deshalb, weil sein Besitz räumlich sehr ausgedehnt und verstreut war und schon wegen dieser Entfernungen das Scharwerk vieler Bauern überhaupt nicht hätte in Anspruch genommen werden können. Hinzu kam, dass die beiden landwirtschaftlichen Eigenbetriebe des Stiftes, der Maierhof mit 162 ha und eine Schwaige mit 57 ha, selbst nur einen begrenzten Bedarf an zusätzlichen Arbeitsleistungen hatten. Das Scharwerk stand in engem Zusammenhang mit den typischen Arbeits¬ spitzen des landwirtschaftlichen Betriebes von einst, es bestand aus einer meist festgelegten Zahl von Mäh- und Fuhrtagen während der Heu- und Getreideernte und aus Fuhrleistungen für den Transportbedarf, z.B. des Steinbruchs von Aldersbach, der Forstbetriebe oder auch der Weinkellerei. Für einen ganzen Hof machten diese Scharwerkspflichten einen durchschnittlichen Jahresgeldwert von 8 bis 12 Gulden aus, also etwa dem Wert einer halben Kuh, wie die Säkularisationskommissare errechneten. Aus ihren Berechnungen kann man auch entnehmen, wie damals die Kosten menschlicher und tierischer Arbeit eingeschätzt wurden. Für einen Gespanntag, der freilich nicht etwa 9 sondern höchstens 7 Stunden umfasste - die Pferde brauchten ja eine Mittagspause von etwa 2½ Stunden - setzte man 30 Kreuzer an, das war ein halber Gulden, für einen Mann 15 Kreuzer, das war 1/4 Gulden. Bei den Bauern waren solche Arbeitspflichten begreiflicherweise nicht immer beliebt, vor allem dann nicht, wenn die Anforderungen der herrschaftlichen Maierhöfe mit den Arbeitsspitzen im eigenen Betrieb zusammenfielen. Dennoch treten in Aldersbach wie in den meisten anderen niederbayerischen Klostergrundherrschaften, die ja im Gegensatz zum Adel alle größere landwirtschaftliche Eigenbetriebe unterhielten, erstaunlich wenig Konflikte zwischen den Klosterverwaltungen und den Bauern wegen des Scharwerks auf. Bei einigem Zusehen sind die Gründe leicht zu finden. Unter den Standortbedingungen der niederbayerischen Ackerbaugebiete waren die Möglichkeiten, Arbeitsspitzen in der Bestell- und Erntezeit zu verteilen, verhältnismäßig günstig, die Bauern verhielten sich bei der Terminplanung ohnehin beweglicher und erreichten meistens frühere Erntetermine als die Klostergüter. Zu den schweren Konflikten um die Zug- und Arbeitskraft, die das soziale Leben auf dem Lande in Osteuropa bestimmt haben und die dort regelmäßig aus engen Bestell- und Ernteterminen entstanden, zu denen Bauern und Gutsherrschaften gleichzeitig arbeiten mussten, ist es deshalb in den niederbayerischen Ackerbaulandschaften nicht gekommen. Eine große Rolle spielte dabei auch, dass den Bauern der Scharwerkseinsatz durchaus nicht immer unwillkommen war, einfach deshalb, weil er nicht ohne Gegenleistungen der Klöster erfolgte. Aldersbach z. B. stellte für die Gespanne der Scharwerksbauern an den Einsatztagen das Futter, für die Arbeitskräfte die Verpflegung und ließ Reparaturen am Gerät und vor allem Beschlagarbeiten bei den Pferden kostenlos in der Klosterschmiede ausführen. Bei der Aufhebung des Stiftes waren die Staatsbeamten recht erstaunt darüber, dass die Bauern vom Staat eine Entschädigung für diese Leistungen verlangten, die ihnen ja nun entgingen, nachdem der Eigenbetrieb des Grundherrn aufgelöst worden war.

Wenn man nun versucht, zu schätzen, wie hoch die Belastung der Bauern in der Aldersbacher Grundherrschaft aus der Gesamtheit dieser Abgaben gewesen ist, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass sie im Durchschnitt 23 bis 28% des Bruttobetriebsertrages erreicht hat, den man aus den Aussaatmengen, den Ertragsangaben und den zu vermutenden Leistungen der Viehwirtschaft schätzen kann. Das war allerdings noch nicht alles, auch der Staat erhob allgemeine Landsteuern, Haus- und Wohnungssteuern und Beiträge zum Unterhalt des Pferdebestandes der Armee sowie die sogenannten Kopfsteuern, also Personenabgaben. Am Ende hatte im 18. Jahrhundert der niederbayerische Bauer 33 bis 35% seines Bruttobetriebsertrages abzuführen. In den Kriegszeiten, etwa den Katastrophen der beiden Erbfolgekriege des 18. Jahrhunderts, die Niederbayern mit der größten Wucht getroffen haben, kamen dann noch größere Kapitalvernichtungen und Kapitalverschleppungen dazu, die allerdings auch die Grundherrschaften getroffen haben, und zwar oft im doppelten Umfang, weil sie zu einer Ausfallhaftung für diejenigen ihrer Grundholden herangezogen wurden, bei denen es auch mit dem bösesten Willen nichts mehr zu holen gab. Die bayerischen Bauern hatten damit etwa einen Gleichstand mit den preußischen erreicht, in Österreich, hauptsächlich in Böhmen, Mähren und Ungarn, betrug die Abgabenlast 38 bis 42%, in den hessischen Staaten etwa 35%, in Baden etwa 30%. Die einsame Spitzenstellung in ganz Europa hatten aber Staat, Kirche und Adel in Frankreich erreicht. Sie nahmen den Bauern im Durchschnitt 54% ihrer Bruttoerträge ab, und angesichts solcher Verhältnisse ist es doch recht erstaunlich, dass sich alle drei dann noch über den Ausbruch der französischen Revolution gewundert haben. Freilich muss man ganz besonders betonen, dass die Grundherrschaft vom bayerischen Typ durchaus keine einseitige Abgabengemeinschaft war. Sie war vielmehr eine Rechts- und Risikogemeinschaft, in der sich Grundherr und Bauer und umgekehrt in einem komplizierten Leistungsaustausch gegenüberstanden. Der Grundherr hatte gegen seine Bauern vielfältige Sicherungs-, Hilfs- und Fürsorgepflichten. Sie bestanden sowohl gegenüber der Bodennutzung und der Viehhaltung wie auch gegenüber dem Gebäudeunterhalt, der Kapitalhilfe und der Personenhilfe. Wurden größere Investitionen getätigt, musste sich der Grundherr beteiligen, kam es zu Notfällen in der Familie, auf dem Acker oder im Stall, dann hatte er einzuspringen. Die Hergabe von zinslosen Krediten, Saatgut und Viehhilfen, und in den Klosterherrschaften auch die persönliche Fürsorge standen dabei im Vordergrund. Die Aldersbacher hatten z.B. Anspruch auf Unterbringung im Klosterkrankenhaus mit einer kostenfreien ärztlichen Versorgung, soweit damals davon die Rede sein konnte, wenn die Familienverhältnisse es unmöglich machten, selbst solche Notlagen aufzufangen. Auch beim Ausfall von Arbeitskräften half das Kloster aus, häufig durch die Entlohnung von Tagelöhnern aus den Kleinanwesen, die gewissermaßen als Betriebshelfer eingesetzt wurden. Die größte Bedeutung aber hatte die Sachhilfe, und hier kann man ermessen, wie intensiv dieser Leistungsaustausch einmal gewesen sein muss, wenn man nämlich in den Aldersbacher Akten liest, dass die Zisterzienser an ihre Grundholden etwa 54.000 Gulden meist zinslos als Kredite für Investitionen, für Erbabfindungen oder Besitzfestigungen und vor allem zur Nothilfe ausgereicht hatten. Die alte Grundherrschaft war eben eine Risikogemeinschaft mit dem ausdrücklichen Zweck, einen Teil der Lebens- und Betriebsrisiken, die vor dem Einzelnen nicht bewältigt werden können, durch überbetrieblichen Austausch aufzufangen und ein Grundmaß an sozialer Sicherheit zu bieten.

Grundsätzlich gab es drei Rechtsformen, zu denen ein Bauer sein Anwesen besitzen konnte. Die günstigste war das Erbrecht, das der Familie einen schriftlich gesicherten Rechtsanspruch auf Besitznachfolge aus der eigenen Nachkommenschaft und freie Verfügung im Erbgang sicherte. Der Grundherr hatte keine Möglichkeit, den Nachkommen eines Bauern die Hofübernahme zu verweigern. Der bayerische Landesherr hat in seinem grundherrschaftlichen Bereich, der wie gesagt etwa 4% der bäuerlichen Anwesen des alten Kurfürstentums umfasste, diese Rechtsform seit der Zeit Kaiser Ludwigs des Baiern stets bevorzugt. Sie ist typisch für den größeren bäuerlichen Betrieb Niederbayerns in der Geschichte, der niederbayerische Groß- und Herrenbauer des 19. und auch noch des frühen 20. Jahrhunderts ist meist der Familien- und Betriebsnachfolger eines erbberechtigten Bauern aus der Grundherrschaftszeit. Damit hängt es auch zusammen, dass sich in den niederbayerischen Ackerbaulandschaften ohne allzu große Mühe heute noch nicht wenige Bauernfamilien finden lassen, die vier- bis sechshundert Jahre auf ihren Höfen sitzen und die eigentlichen Aristokraten der ländlichen Gesellschaft darstellen. An nächster Stelle stand die sogenannte Freistift auf Herrengunst. Dies bedeutete, dass der Grundherr einen Bauern frei abstiften konnte, wenn er aus welchen Gründen auch immer einen anderen Wirt auf das Anwesen setzen wollte. Das ist freilich sehr selten vorgekommen und lässt sich deshalb auch nur ganz vereinzelt in den Akten finden. Seit dem 15. Jahrhundert schob sich die veranleihte Freistift in den Vordergrund. Dies war ein Besitzrecht, bei dem der Grundherr den Bauern zwar auch noch kündigen konnte, aber nur unter Einhaltung langer Kündigungsfristen und bei Ablösung seiner gesamten Investitionen und Grundverbesserungen zum Zeitwert. Diese Besitzform ist gleichsam die klassische Besitzform der Klostergrundherrschaft. Sie wurde von den Bauern so günstig beurteilt, dass sie dem Erbrecht fast gleichgesetzt war. Aldersbach hat in seiner Grundherrschaft hauptsächlich diese Rechtsform angewandt. Dann gab es noch das Leibrecht. Man kann es als ein persönliches Wirtschafts- und Nutzungsrecht am Boden und an Betriebskapital auffassen, das für Mann und Frau gesondert galt und in jeder Generation mit hohen Abgaben erneuert werden musste. Als Leiheform für einen ganzen Betrieb war das Leibrecht ungünstig, und deshalb waren auch gerade die Grundherren seit der Wiederaufbauzeit nach dem Dreißigjährigen Krieg gar nicht gut darauf zu sprechen, weil sie wussten, dass es Erhaltungs- und Verbesserungsinvestitionen in den Hof verhinderte. Dagegen war das Leibrecht gut geeignet, Kleinanwesen und Heimstätten zu schaffen und an kapitallose Siedlungsbewerber zu vergeben. Das Gleiche galt für die Vergabe von Nutzungsrechten an Kleinflächen und Rest- und Nebengrundstücken, etwa Wegerändern oder geometrisch ungünstig geschnittenen kleinen Ackerflächen, die mit dem Gespann nur schlecht ordnungsgemäß zu bearbeiten waren, weil der notwendige Wenderaum für die Kehrbewegungen des Gespannes mit Pflug oder Egge fehlte. Solche Kleinflächen haben in der Bodennutzung während des Gespannbetriebes stets eine große Rolle gespielt.

Aldersbach hat davon intensiv Gebrauch gemacht, die fast einzigartig dichte Sölden- und Kleinsiedlung in seinem unmittelbaren Lebensraum ist durch die Anwendung des Leibrechtes für die Vergabe von Kleinanwesen und von Kleinflächen an Teilbauern die wichtigste Grundlage gewesen. Damit hat man es auch in Verbindung zu bringen, dass das zahlreiche Gesinde sowohl in den Eigenbetrieben der Zisterzienser als auch bei den Bauern nie eine soziale Klasse, sondern stets nur eine Altersgruppe gewesen ist. Jenseits der Dreißig ergab sich die Möglichkeit, mit ein paar Spargulden auf Leibrecht vom Kloster ein Häusl zu übernehmen und die Bodenausstattung dem jeweiligen Arbeitskraftangebot aus der Familie beweglich anzupassen Der soziale Friede des Dorfes der Vergangenheit hängt weitgehend mit diesen Verhältnissen zusammen.

Schließlich noch ein Blick auf die Verfassung des Klosters selber in den letzten Jahrzehnten seines Bestehens. Eine Gesamtgeschichte der bedeutendsten Zisterze des alten Bayern steht bisher aus, so hält man sich am besten an die Säkularisationsakten, die einen umfassenden Überblick über die Besitzverfassung und die Bedeutung des Stiftes liefern. Seine Rolle als Zentralkloster gegenüber Fürstenfeld und Fürstenzell, vor allem aber gegenüber Gotteszell und Seligenthal war erhalten geblieben. Das äußerte sich nicht zuletzt im Kapitalausgleich. Aldersbach hat durch ständige Kapitalhilfen immer wieder für die Sicherung des Weiterbestandes vor allem von Gotteszell gesorgt. Im alten bayerischen Ständeparlament der Landschaft, in der Aldersbach immer vertreten gewesen ist, hatte es die Stimmführerschaft für alle Zisterzienserklöster Bayerns, der Abt war stets eine politische Führungsgestalt, die gerade bei den intensiven und so überaus kontroversen Auseinandersetzungen des 18. Jahrhunderts zwischen den Landesfürsten und ihren wichtigsten Kreditgebern, den landtagsberechtigten Klöstern, die in der Landschaft den ersten Stand bildeten, eine gewichtige Rolle gespielt hat. Dies gilt ganz besonders für die Zeit der der Tauschpläne von Kurfürst Karl Theodor, Bayern gegen die österreichischen Niederlande, also das heutige Belgien vertauschen wollte. Die Staatlichkeit Bayerns wurde damals von der Landschaft gewahrt und vertreten, wie Karl Otmar von Aretin beschrieben hat, und einer der politischen und rechtlichen Wortführer der Landschaft war der Aldersbacher Abt.

Erwähnung verdient auch das qualifizierte System der Wirtschaftsaufschreibungen und der rechnerischen Kontrolle des Vermögens, der Einnahmen und der Ausgaben. Ein solches System war bei den Klöstern keineswegs selbstverständlich, die meisten von ihnen vollbrachten auf diesem Gebiet nicht gerade Glanzleistungen, wie auch die Aldersbacher Äbte feststellen mussten. Trotz ihres Visitationsrechtes gegenüber anderen Zisterzen ist es ihnen nicht gelungen, dieses System etwa in Fürstenfeld oder Gotteszell durchzusetzen. Große Bedeutung hatte das Kloster als Kapitalzentrum. Sein Gesamtbesitz umfasste Werte von 1,4 Mill. Gulden, damit gehörte es zu den größten klösterlichen Besitzeinheiten Bayerns. Etwa 10% davon waren Kapitalbesitz, also ungefähr 150.000 Gulden, 60.000 davon waren bei der Bayerischen Landschaft in Form von Anleihen zur Staatsfinanzierung und zur Bedienung der Staatsschulden angelegt. Wie schon erwähnt war annähernd der gleiche Betrag an die Einwohner der Grundherrschaft ausgeliehen, der Regelfall war dabei der Klein- und Mittelkredit zwischen 100 und 300 Gulden. Kreditaufnahmen hatten mit 10.000 Gulden nur eine untergeordnete Bedeutung, hauptsächlich waren es Mündelgelder, die aus sozialen Gründen hereingenommen worden waren. Die günstige Kapitalverfassung war freilich nicht nur das Ergebnis der großen Grundherrschaft und der ertragsstarken Brauerei, sondern auch der Tätigkeit als Weingroßhändler. Wie die meisten niederbayerischen Klöster hatte Aldersbach in Niederösterreich größeren Weinbaubesitz, er bestand aus einem abgabenfreien Hof bei Krems, einem selbstbewirtschafteten Weingut in Klosterneuburg, auf dem die Zisterzienser Grundholden der Augustinerchorherren von Klosterneuburg waren, und aus dem Recht auf Weinzehnten, verstreut über die Weinbaugebiete der Wachau Der Gesamtwert dieses Weinbaubesitzes betrug 52.000 Gulden, über einen eigenen Kellereibetrieb in Passau war das Kloster ständig auf den internationalen Weinmärkten tätig. Der Weinkonsum der Konventsmitglieder soll auch nicht unerwähnt bleiben, er betrug 350 Liter pro Kopf und Jahr. Die Brauerei mit einem Konzessionswert von 7000 Gulden und Anlagewerten von 12.000 Gulden wurde schon erwähnt, die heutige Bedeutung der Aldersbacher Brauerei als Marktunternehmen hat eine lange Tradition. Auch das Kloster hat einen wesentlichen Teil seiner Erträge durch die Biergewinnung und den Biervertrieb gebildet. Von Bedeutung waren auch der Steinbruch und eine Großmühle, und nicht zuletzt ein Mietshaus in Vilshofen mit dem Wert von 1800 Gulden und ansehnlichhen Vermietungsgewinnen - auch eine Form der Ertragsbildung, die eigentlich den zisterziensischen Traditionen ganz entgegengesetzt ist.

Im 18. Jahrhundert waren etwa 120 vollberufliche Arbeitnehmer im Kloster beschäftigt, 10 davon waren Beamte und Lehrer, 30 Handwerker, 20 Bedienstete der klösterlichen Innenbetriebe und 60 Beschäftigte der landwirtschaftlichen Betriebe und der Forsten. Hinzu kamen 45 Tagwerker und Häusler aus der Hofmark, also die Bewohner der vorhin beschriebenen Kleinanwesen auf Leibrecht, die in jungen Jahren meist Dienstboten in den Klosterbetrieben gewesen waren. Es verdient erwähnt zu werden, dass Aldersbach einen Teil seiner Wirtschaftserfolge an seine Beschäftigten weitergegeben hat, mit etwa 125 Gulden Lohn und Lohnwerten, also einschließlich Kost, Naturalien und Wohnung liegen sie etwa 20% über dem bayerischen Durchschnitt. Es hat auch deutliche sozialwirtschaftliche Tätigkeitsschwerpunkte gegeben. Sie finden sich im Unterhalt der meistens defizitären Apotheke, eines Gebietskrankenhauses für die Hofmarkseinwohner- unter allen bayerischen Klöstern eine einzigartige Erscheinung - und in den drei Hofmarksschulen und den weiterführen¬ den Konventschulen, den Seminarien. Die für sie errichteten Gebäude sind noch heute zu sehen und lassen den Aufwand erkennen, der für diese Einrichtungen getrieben wurde. Die soziale Herkunft der Konventsmitglieder der Barockzeit entspricht diesen Bemühungen, sie kamen meist aus den unterbäuerlichen Gruppen und den Handwerkerfamilien, einmal mehr wird hier deutlich, dass dieses System der Bildung von geistlich-klösterlichen-ländlichen Versorgungszentren mannigfache Möglichkeiten der Bildung und des sozialen Aufstiegs für alle eröffnet hat.

Typisch für die Aldersbacher Zisterzienser des Barock sind nicht nur ihre Bauten, vor allem ihre Kirche, sondern auch die naturwissenschaftlich-technische Ausrichtung ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung. Die letzten Aldersbacher Äbte gelten als Wegbereiter der Klimastatistik im deutschen Kulturraum, als erstes wurden von ihnen längerfristige Klimadaten gesammelt und systematisch ausgewertet. Hinzu kommen Experimente in der Elektrotechnik und in der Elektrophysik, die als Grundlage das „Physikalische Kabinett“ hatten, also eine Sammlung naturwissenschaftlich-technischer Geräte. Sie haben zur Entwicklung einer sogenannten Elektrisiermaschine geführt, ein Gerät zur Erzeugung von Reibungselektrizität. Wegen dieses Gerätes und seiner magnetistischen Experimente hat der Aldersbacher Konvent mit zahlreichen Wissenschaftlern im Austausch gestanden. Man muss freilich dabei berücksichtigen, dass solche Experimente mit Reibungselektrizität, die man damals als Wirkung von Magnetfeldern betrachtete, zu den Lieblingsspielereien des späten Rokoko gehört haben, die sich in vielen europäischen Hauptstädten nachweisen lassen. Dass sie aber mitten im niederbayerischen Acker- und Hügelland betrieben wurden, ist eine kulturgeschichtlich einmalige Erscheinung. Erwähnung verdient schließlich auch noch die Rolle der Zisterzienser in Aldersbach und Fürstenzell auf dem Gebiet der technischen Pädagogik, die zur Einrichtung der ersten Industrie- und Gewerbeschule Bayerns in den Räumen von Fürstenzell führte.

Die Zisterzienser haben für Wirtschaft und Technik Europas eine hervorragende Rolle gespielt, diese Rolle ist allerdings für die großen zisterziensischen Kolonisationsschwerpunkte in Mittel- und Osteuropa weit besser erforscht als in Bayern. Es gehört zu den besonders reizvollen Aufgaben der bayerischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, diese Rolle der wenigen Zisterzen des alten Kurfürstentums für die Entwicklung von Wirtschaft und Technik darzustellen. Eine solche Darstellung wird immer in erster Linie eine Beschreibung von Aldersbacher Leistungen sein.