Inventar des Kirchenschatzes zum Amtsantritt von Abt Engelbert Vischer 1683

Transkription und Einführung: Robert Klugseder


In Dokumentationen, die zu Abtneuwahlen angefertigt wurden, finden sich immer wieder auch „Inventaria Spiritualium“, also Inventare der „geist­lichen“ Gegenstände u.a. der Klosterkirche, der beiden Sakristeien und der Prälatur. Diese Inventare des „Kirchenschatzes“ sind Teil eines Übergabeprotokolls, in dem für gewöhnlich auch ein Bericht zu den Klosterfinanzen, eine Bestandsübersicht der Keller und Getreidespeicher und ein Inventar der Münzsammlung enthalten sind. Die Vorgänge rund um eine Abtneuwahl wurden von einer herzoglichen bzw. kurfürstlichen Kommission begleitet. So waren bei der Wahl Engelbert Vischers am 21.02.1683 als Vertreter des kurfürstlichen Geistlichen Rates in München Dr. Kaspar Höger, Pfarrer der Liebfrauenkirche in München und Dr. Johann Friedrich Prugger, Hof- und geistlicher Rat vor Ort und unterzeichneten bzw. bestätigten das Inventar. Ein weiterer Sigler ist Melchior Korn (reg. 1666-91), Abt des Tochterklosters Fürstenzell als Vertreter des Ebracher Vater­abtes.

Zu Beginn werden die Kostbarkeiten aus Gold und Silber aufgelistet. Neben liturgischen Geräten (Kelche, Monstranzen, Kruzifixe, Leuchter etc.) findet man hier wertvolle Kunstgegenstände wie die Silberbüsten des Papstes Urban, der Aldersbacher Nebenpatronin und Heiligen Ursula und der heiligen Eugenia (hergestellt in der Zeit des Abbatiats von Michael Kirchberger, reg. 1612-35, nicht mehr erhalten). Ferner die Kleidungsreliquie „Unser lieben Frauen Hemet“ der Wallfahrt der Filialkirche Weng und ein "silbernes unnser Frauen Bildt" der Muttergottes in Sammarei.

Der Chronist Abt Gerard Hörger berichtet, dass der Klostergründer Bischof Otto von Bamberg der Kirche in Weng mit dem sog. „Unser lieben Frauen Hemmet“ eine bedeutende Reliquie überlassen hatte. Dieses Hemd bildete später die Grundlage für die Wenger Wallfahrt und ist laut Hörger um das Jahr 1620 unter Abt Michael Kirchberger in einer feierlichen Prozession in die neu ausgestattete Klosterkirche überführt und in einem eigens erbauten Altar zur Verehrung ausgestellt worden. Teile dieses Hemdes wurden laut Inventar auch in der Prälatur aufbewahrt. Nach dem Neubau des Langhauses um 1720 legte man weitere "Particula" (oder die gleichen?) in den Marienaltar ein. Ob diese noch vorhanden sind,F wird die aktuell laufende Kirchensanierung zeigen.

Teilübersichten der oberen und unteren Sakristei beinhalten vor allem liturgische Gewänder für Priester, Diakone und Ministranten. Die Gewänder sind nach den Jahres- und Festzeiten bzw. nach den liturgischen Farben unterteilt. Bemerkenswert ist die Zusammenstellung der Gewänder in Sets, in denen die Kleidungsstücke für die verschiedenen liturgischen Dienste optisch abgestimmt geordnet sind. Angeführt werden hier auch weniger wertvolle liturgische Gegenstände aus Messing, Eisen oder Holz wie zum Beispiel kleinere Altäre oder Reliquiare. Das Verzeichnis der Heiligtümer der Abtei führt neben kunstvoll ausgestatteten Reliquien auch einige Gemälde und Skulpturen an.

Unter den liturgischen Gewändern findet sich der aus mehreren Teilen bestehende „Böhambische Ornat“. Dieser war aus drei Pferdedecken des Wittelsbacher „Winterkönigs“ Friedrich I. von Böhmen, die er auf der Flucht nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 verloren haben soll, durch einen Straubinger Seidensticker angefertigt worden. Der Vizedom der Straubinger Regierung Hans Friedrich von Pinzenau gab die wertvollen Stoffe dem Kloster als Ersatz für eine Geldschuld. Dieser Ornat wird zum ersten Mal in einem Sakristeiinventar aus dem Jahr 1638 erwähnt. Die Begleitumstände werden in der Klosterchronik von Abt Gerard Hörger (um 1660) erzählt:


Darbey zuwissen das diser Böhmische mit Goldt gestickhte ornäth zuvor gewest seint .3. Waldtrappen, das ist Rosstekhen, derer sich Fridericus Pfaltzgrav bey Rhein, als wider den Anno .1618. verstossnen Ferdinantum Secundum, von den Pöhammern auf geworffener; unnd selbst aigner Persohn eingetrungner Pöhambischer Khönig nachmals Wündterkhönig genannt, mit grossem bracht gebraucht, aber in der fluecht nach beschechener gros: und Pluetigen schlacht, auf dem weissen Perg zu Prach spötlich verlohrn, unnd selbe der Wollgebornne Herr Hanns Friderich Freyherr von Penzenau gewester Vitzdomb zu Straubing zu seinem Thaill bekhommmen, unnd Endtlich an einer Schuldt meines bhalts .1500. Gulden durch einen unns unbekhandten Pact und Contract mit dem Abbt Michael gemacht, alhero zu dem Closster gegeb[en] hat.
Diser ist nachmals von einem seidenstickher zu Straubing, welcher solchen zu Pariß Gsellenweis hat machen helffen, zu disem Formb: unnd Geistlichem Khürchen brauch, von dem heyl. Liechtmess Tag ann, bis auf die himelfarth Christi zuegericht; und von neuem nichts annders als die .3. strich an dem andepentio gemacht worden; unnd Er scheint das Gott seiner Ewigen forsichtigkheit disen ornäth zu der Khürchen Verordnet, in bedenckhen das khein menschlicher verstanndt dem Mössgwandt den zuegehörigen Leviten Röckhen, wie auch dem andepentio, das zuvor in dem Weltlichen bracht unnd brauch schlöp vor der Guschen gewest, kheinen schönnern formb heten leichtlich geben unnd erfündten khönndten, stehet also diser ornäth besser ann, zu der Ehr Gottes einem geweichten Priester unnd Dienner Gottes als zuvor einem unvernifftigem Thier zur eitlichkheit unnd bracht, eines hochferttig sündtigen Menschen unnd mainaidtigen vermainten Khönig, deme zur gedechtnus der Gutschen Rockh ganntz unverthrent verbleibt.

Für die Liturgie- und Musikgeschichte interessant ist die Erwähnung von "9 alte Ordens Missal, 3 neue, 6 romanische, 1 Pontifical, 2 Pastoral." Unter dem Begriff "Missal" wird hier auch die liturgische Musikhandschrift "Graduale" subsummiert. Man kann also davon ausgehen, dass es sich hier um die bekannten mittelalterlichen Chorbücher mit Zisterzienserliturgie handelt (vgl. "Musikgeschichte Aldersbach"). Bemerkenswert ist auch, dass in der Sakristei sechs "romanische" Bücher, also Liturgika mit säkularer Prägung, aufbewahrt wurden und bei bestimmten Messfeiern mit diözesaner Liturgieprägung (Stiftungen, Anniversarien, Totenmessen etc.) Verwendung fanden.

Zusammenfassend kann man das hier edierte „Inventarium Spiritualium“ als wichtiges historisches Dokument einordnen, das einen interessanten Eindruck vom Reichtum des Klosters unter den Prälaten Malachias Niderhofer (reg. 1669-83) und Engelbert Vischer am Beginn der barocken Blütezeit Aldersbachs vermittelt.


Quelle: BayHStA KAAA 68 (vormals Kloster Aldersbach KL Fasz. 4 Nr. 8b). Nicht eindeutig lesbare Abschnitte sind mit einem '?' gekennzeichnet, Nachträge mit dem Zeichen "#".




Inventarium Spiritualium Über dess lobliche Clossters Alderspach verhandtenen Kirchen Schatzes etc. aufgericht den 22. Septembris 1683.

An Goldt unnd Silber.

Ain ganntz guldener Kelch.
3 silberne grosse Prustbilter, nemblich S. Urbani, S. Ursula unnd S. Eugenia.
1 unnser liben Frauen Hemet, mit Golt unnd Silber, Heylthumber, und Perlen gestickht.
2 silber Altärle in Eberholtz gefaßt.
2 in Glaß, und Ebenholz, gefaßte heyllige Heubter.
2 silbere Kelch, von geschmelzter Arbeit.
#? Kelch, Abt Engelbert hat machen lassen.
14 anndere gemaine Kelch.
2 Ciboria.
3 silberne Monstranzen.
1 silbern Stab, unnd ainer in der Arbeit.
2 silberne Creuz.
2 silberne Leuchter.
2 silberne khlaine Crucifix.
#1 grosses silbernes Crucifix.
#6 grosse silberne Leuchter.
#1 silbernes ?
1 silbernes unnser Frauen Bildt in der Samerey, 6 anndere khlaine silberne Bildter, nemblich S. Joannes Baptista, Joannes Evangelista, S. Sebastianus, S. Bernardus, S. Catharina, S. Barbara.
1 silbernes Rauchfaß, sambt einem Schiffl.
4 silberne Opferkänndtle, sambt 2 silbern Plätteln, 1 silbers Speiß-Becherl, sambt einen silbern Speiß-Kelch.
#? Pectorale
3 Pectoralia mit silbern, verguldten Köttl.
Item ain altes ohne Köttl.
9 Rüng.
1 mit Berln gestickhte Cronn.
4 Wayen-Kriegl von schwarzen Holz.
8 silberne khlaine Täfel in schwartz Holz gefasst.
5 Altärle, oder Reliquiaren, in schwarz Holz gefasst, mit silberne Zirathen besezt.
2 neue in schwarz Holtz gefast Altärle.
6 weiß? kupferne Leichter
#2 silberne Lavor?




Obere Sacristey.
Von Antependiis unnd Ornathen.

Blauer Farb.

2 blaue rottsamete Pluvial, 2 dergleichen Messgewänndter, 4 Levithen Röckh.
Item ain himelblaues sametes Messgewandt, unnd 2 Levithen Röckh.
Item ain blaus damaßernes Antependium, ain Messgewanndt, unnd 2 Levithen.


Rother Farb.

Ain rotth guldenes Antependium, ain Pluvial, 2 Messgewänndter, 2 Levithen.
Item ain rotth damaßernes Antependium, ain Messgewanndt, 2 Levithen.
Item ain annders roth damaßernes Pluvial, ain Messgewanndt, und 2 Levithen.
Item ain alt rothsametes Messgewanndt, sambt 2 anndern Levithen
3 anndere rothe Pluvial.
10 Infuln.


Böhambischer Ornath.

1 Antependium, 1 Himmel, ain Messgewanndt.
2 Levithen, unnd Gutschen Rockh.
1 Halbweiß: unnd Roth das Fueter Himel.
1 Rott Adtlaß Messgewandt, mit glass ybersezt.


Schwarzer Farb.

1 schwarz sametes Antipendium, ain Pluvial, ain Messgewanndt, 2 Levithen, unnd ain Barduech.
Item ain schwarz damasernes Antependium, ain Pluvial, ain Messgewanndt, 2 Levithen.
Item ain khlein sametes Antependium, unnd ain schwarz daffens Velum.


Weisser Farb.

Ain gelb blaimbtes Antependum, ain Messgewanndt, sambt 2. Levithen, von türckhischer Arbeit.
1 weiss silberes Antependium, ain Pluvial, 2 Messgewänndter unnd 2 Levithen.
Item ain annders silbers Antependum, ain Pluvial, 2 Messgewänndter, unnd 2 Levithen.
Item ain gelb silbernes Antependium, ain Pluvial, 2 Messgewänndter, unnd 2 Levithen.
Item ain weiss damasernes Antependium, ain Meßgewanndt, ain Pluvial, 2 Levithen.
Item ain annders weiss damasernes Meßgewandt, 2 Levithen.
Item ain schlechts weiss Pluvial.


Griener Farb

1 Grien damasternes Antependium, 2 Levithen.
Item ain grien sametes Messgewanndt, unnd 2 Levithen.
1 neue seidenes Pluvial.
1 rother Fann.
1 ainschichtige damaserne Messgewännder.
3 weisse, 1 gelbes, 7 grienne, 2 blaue, 9 rothe, 2 schwarze Samete.


Damaßerne khleine Antependia.

8 grienner Farb, ain gelbs, mit ainem silbern Kranz.
5 rothe, 8 blaue, 4. auß rothen Duech, 8 gelbe Vorhänng, 9 Tunizel, 11 Enngl-Röckhl.

Kölch-Diechl.

5 weisse mit Blannen? gestickhte, 1 schwarz Attlaß, seins 4 rothe, 3 grienne, 2 blaue, 2 fleischfarbe, 2 Aschefarbe.


Widerumben.

18. Corperal-Taschen, 22 Custodes, 7 par Hanndtschuch.
1 ainschichtiger guldener Kranntz, auf ain Antipedium.
4 pare Sandalia, 6 Monstranzen Röckhl, ain hülzener verguldter Stab, 19 Agnus DEI gross, unnd khlain, 4 khlaine schlechte Täfeln, 7 schlechte Altärl, 2 blaue damaserne Fändl, 7 Fersoria.




Unndere Sacristey.

Von Messing, Zün, unndt Mettal.

2 grosse Messinge Wandl Leuchter, 10 par khlaine, 2 grosse vor den Hochaltar, 2 par grössere auß Holz, und versilbert, ain grossen zu der Opfer Körz.
5 paar zinnene Opferkhänndle, 7 zinnene Plätl, 4 zinnene Pläschl, 4 zinnene Leuchter, 2 zinnene May-Kriegl, ainen zineren Weichprun-Kössl, ain zinene Oblat Püchßen.
2 kupferne unnd yberguldte Mäykrug, 8 metallne Crucifix, 2 hülzere, 2 mettalene Enngl, 1 metallenes Weichprune-Kösl, ain Merßer.

9 alte Ordens Missal, 3 neue, 6 romanische, 1 Pontifical, 2 Pastoral.


Messgewänder, Antependia, Levithen, Röckh, vonn Schameloth, und schlechten Zeug.

7 weisse Messgewännder, 1 Antependium, 2 Levithen.
7 grienne Messgewänndter, 1 Antependium, 2 Levithen.
8 rothe Messgewännder, 1 Antependium, 2 Levithen.
7 blaue Messgewännder, 1 Antependum, 2 Levithen.
4 khlaine schwarze Antependia, von schlechten Zeug.
1 schwarz Velum vor den Hochaltar, auß Leinwath.


Wullene Rockh vor die Ministranten.

6 rothe, 4 blaue, 4 schwarze, 2 schwarz wullene paar Tüecher.
11 Quadrat.


Von Leinwath.

4 Schlayerne Alm, 26 gemains, unnd schlechte.
30 Substratoria, Torsoria 24.
Altartüecher gross, unnd khleine, guett: unnd gerissene.
7 Enngl-Hemeter.
5 grosse Correckh, unnd 5 khlaine.
31 Corporalia, Purificatoria 80.
12 Cursodes, 16 Corporal-Taschen.
Kholchdiechl auß Taffet, unnderschidlicher Farben.
7 rothe, 7 blaue, 6 grienne, 2 weisse, 2 schwarze.
7 schwarze Kelchdichl auß Leinwath, unnd 4 weisse.
2 Speiß-Tüecher, 1 gross leines Tuech yber die Bar.
19 Hanndiecher.
1 Oblath-Mödl.



Verzaichnus der Heylthumber in der Abbthey.

Altärl, darin vonn unnßer Lieben Frauen-Hemet ain Particl gefaßt.
6 heylige Heubter auf Kissln.
1 in Glass gefasster heiliger Particul von S. Antone.
2 Particul vonn S. Antonini.
2 Tafeln, ains S. Catharina, das annder S. Barbara, in schwarz Holz gefasst.
2 hülzene: unnd 2 versilberte Bilder, darinne 2 heilige Particuln, 1 von S. Robert, das annder von
S. Aemiliana.
3 helffenbainene Crucifix.
Etlich Stuckh vonn Helffenbain.
1 gross gemahlnes Frauen-Bildt, von Seidene Arbeith.
8 seidene May, 4 vonn Flöckheln gemacht, 4 auß Federn.
2 verguldte hülzene Tafeln in schwarz Holz gefasst.


Frater Melchior abbas de Cella Principum loco referendissimi domini domini abbatis Ebracensis huius loci patris immediati.

Caspar Höger Pfarrer bey unser lieben Frauen in Minichen.

Johann Friedrich Prugger, churfürstlicher Hoff- und Geistlicher Rath mp.