Wissenschaftliche Tagung zur mittelalterlichen Geschichte des Klosters Aldersbach
Am 1. und 2. Oktober 2020 fand in Aldersbach eine interdisziplinäre Tagung statt, die sich mit Fragestellungen zur mittelalterlichen Geschichte des Klosters auseinandersetzte. Die Organisatoren Robert Klugseder
und Bernhard Lübbers, beide ausgewiesene Spezialisten der Aldersbacher
Klostergeschichte, konnten als Vortragende 20 renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewinnen. Anlass der Tagung war das 900-Jahrjubiläum der Klostergründung durch Augustinerchorherren,
die um das Jahr 1120 stattfand. Neben dem Gründungsjubiläum jährten sich 2020 auch die Vollendung bedeutender Bauabschnitte der barocken Klosterkirche: So konnte der Chor vor 400 Jahren (um 1620) und das Langhaus vor
300 Jahren (1720) fertiggestellt werden.
Im Jubiläumsjahr 1996 konnte in Aldersbach die 850. Wiederkehr des Gründungstages des Zisterzienserklosters gefeiert werden. Nachdem die Mönche im Jahr 1146 das Kloster der Augustinerchorherren übernommen hatten, wirkten
sie über 650 Jahre sehr erfolgreich im unteren Vilstal. Das Kloster war eine kulturelle
Hochburg in Altbayern, wo es zu den bedeutendsten Abteien gehörte. Der Prälat von Aldersbach war in der Landschaft vertreten, besaß seit dem 15. Jahrhundert das Recht der Pontifikalien und war Visitator der
bayerischen Zisterzienserkongregation. In Aldersbach wurde über Jahrhunderte hinweg nicht nur das opus
dei gefeiert, sondern im Besonderen auch die Wissenschaften und die Künste gepflegt. Zudem war das Kloster ein bedeutender Wirtschaftsbetrieb (Land- und Forstwirtschaft, Brauerei und Weinbau).
Die Forschung ist heute in der glücklichen Lage, über eine große Anzahl an Dokumenten zu verfügen, die über die mittelalterliche Geschichte Aldersbachs Auskunft geben können. Das Bayerische Hauptstaatsarchiv
ist im Besitz des ehemaligen Aldersbacher Klosterarchivs mit zahlreichen Urkunden, Amtsbüchern und anderem Archivmaterial. In der Bayerischen Staatsbibliothek sind zudem an die 300 mittelalterliche Handschriften aus
Aldersbach erhalten.
Die Tagung bot zum ersten Mal die Möglichkeit, Forschungsfragen zu Aldersbach
interdisziplinär im Kreis von Spezialistinnen und Spezialisten zu präsentieren und zu diskutieren. Der gedruckte Tagungsbericht sorgt für eine angemessene Sichtbarkeit und Rezeption der Forschungsergebnisse,
dieser erschien im September 2021 als 55. Ergänzungsband der "Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens".
Veranstaltungsort: Salomonsaal, Kloster Aldersbach
Veranstaltungszeit: Donnerstag, 1. und Freitag, 2. Oktober 2020
Organisation: PD Dr. Robert Klugseder (Österreichische Akademie der Wissenschaften) und Dr. Bernhard Lübbers (Direktor der Staatlichen Bibliothek Regensburg)
Veranstalter: Österreichische Akademie der Wissenschaften
Kooperationspartner: Verein für Ostbairische Heimatforschung
Förderergeber: Fritz Thyssen Stiftung, Gemeinde Aldersbach, Ernst Pietsch Stiftung und Landkreis Passau
Vortragende
Dr. Tobias Appl, Bezirk Oberpfalz, Bezirksheimatpfleger
Dr. Ramona Baltolu, Bayerische Akademie der Wissenschaften München
Dr. Ludger Drost, Kulturbeauftragter des Landkreises Rottal-Inn
Bernhard Häck, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
[Prof. Dr. Donatella Frioli, Università di Trento, Dipartimento di Lettere e Filosofia]
Prof. Dr. David Hiley, Universität Regensburg, Institut für Musikwissenschaft
Sebastian Kalla M.A (Dr. des.), Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte
PD Dr. Robert Klugseder, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage
Dr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte Augsburg
Mag. Hardy Maaß, Archäologe
Prof. Dr. Dr. Ulrich Pietrusky, Dipl.-Geograph, Passau
Prof. Dr. Franz Karl Praßl, Professor für Gregorianik an der Kunstuniversität Graz und am Pontificio Istituto di Musica Sacra in Rom
Dr. Martin Roland, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschungen, Abteilung Schrift- und Buchwesen
Prof. Dr. Winfried Schenk, Geographisches Institut der Universität Bonn
Prof. Dr. Alois Schmid, Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Dr. Carolin Schreiber, Bayerische Staatsbibliothek München, Handschriftensammlung
Maximilian Vogeltanz MA, Universität Graz
Dr. Daniela von Aretin, Musikwissenschaftlerin, München
Dr. Susanne Wolf, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München
Dr. Herbert Wurster, Direktor im Ruhestand des Archivs des Bistums Passau
Herrschaftsverhältnisse und Adel zwischen Donau und Inn im hohen Mittelalter (Richard Loibl)
11.30
Typisch zysterziensisch? Die Aldersbacher Vogtei im 12./13. Jahrhundert (Sebastian Kalla)
12.00
Die Raumwirksamkeit der Abtei Ebrach: Aldersbach im Kontext zisterziensischer Landschaftsprägung (Winfried Schenk)
12.30–13.30
Mittagspause
13.30
Aldersbacher Gedenkplatten – eine Spurensuche im Mittelalter (Ramona Baltolu)
14.00
Der Weg des Klosters Aldersbach in den Territorialstaat der Wittelsbacher (Alois Schmid)
14.30
Die niederbayerischen Herzöge und ihre Beziehungen zum Kloster Aldersbach vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zum Ende des Teilherzogtums (1340) (Tobias Appl)
15.00–15.30
Kaffeepause
15.30
Daten zur Baugeschichte des Aldersbacher Klosters und der Kirchen (Robert Klugseder)
16.00
Archäologische Untersuchungen in der Klosterkirche St. Maria im ehemaligen Zisterzienserkloster Aldersbach (Hardy Maaß)
16.30
Abstieg in den Untergrund – unbekannte Klosterlandschaften im Fokus der Denkmalpflege (Bernhard Häck)
Freitag, 02. Oktober 2020
09.00
Urkunden, Akten, Amtsbücher - Das Archiv des Klosters Aldersbach oder: Warum Historiker auch alte Archivrepertorien benützen sollten (Susanne Wolf)
09.30
Der Handschriftenbestand des Klosters Aldersbach in der Bayerischen Staatsbibliothek (Carolin Schreiber)
10.00
Handschriften aus der ersten Periode der Bibliothek des Klosters Aldersbach (Donatella Frioli)
10.30–11.00
Kaffeepause
11.00
Der Salzburger Augustinerchorherrenverband und die Auswirkungen auf die Liturgie (Franz Karl Praßl)
11.30
Überblick zur Musikgeschichte Aldersbachs bis zum Beginn der Neuzeit (Robert Klugseder)
12.00
Der liturgische Gesang der Zisterzienser: Ein Fremdkörper in der Chorallandschaft Südostbayerns (David Hiley)
12.30
Ars musica in Aldersbach. Musiktheorie und die Artes liberales in der Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek clm 2599 (Daniela von Aretin)
13.00–14.00
Mittagspause
14.00
Die Bedeutung der Wallfahrt in der Aldersbacher Klosterpfarrei Kößlarn (Ludger Drost)
14.30
Buchmalerei in Aldersbacher Handschriften. Ein Rundblick (Martin Roland)
15.15–15.45
Kaffeepause
15.45
Das Kloster Aldersbach in der Geschichte des Bistums Passau, 1120–1550 (Herbert Wurster)
16.15
Das Kloster als Wirtschaftsunternehmen (Ulrich Pietrusky)
16.45
Möglichkeiten der Digital Humanities am Beispiel der Klosterchronik von Abt Gerhard Hörger (Maximilian Vogeltanz)
17.15
Abschlussdiskussion
Festkonzert mit der Grazer Choralschola und Batava Brass im Salomonsaal des Klosters Aldersbach am Freitag, 2. Oktober 2020
Die Grazer Choralschola unter der Leitung von Prof. Franz Karl Praßl trug Musik aus mittelalterlichen Handschriften u.a. aus den Klöstern Aldersbach und Reichersberg sowie der Diözese Passau vor. Hervorzuheben
sind erstmals wiederaufgeführte mehrstimmige Organa und ein vom Aldersbacher Klosterkomponisten P. Vinzenz König (+ 1804) geschaffenes Magnificat, das alternatim von Schola und Bläserensemble vorgetragen wurde. Das
Passauer Blechbläserquartett Batava Brass unter Leitung von Konstantin Kümmelschuh ergänzte das Programm mit Werken der Renaissance.
Die Grazer Choralschola wurde 1992 als Spezialensemble für die Interpretation des Gregorianischen Chorals gemäß den Quellen des 10. Jahrhunderts gegründet. Das musikalische Interesse weitete sich im Laufe der Zeit
auch auf spätgregorianisches Repertoire aus, vor allem in Hinblick auf die Präsentation von Gesängen aus Quellen der Salzburger und Passauer Diözesen. Die Schola singt gemäß mittelalterlichen Vorbildern in wechselnden
Besetzungen, heute ist die Gruppe der Männer zu hören. Die Schola hat zahlreiche Tonträger produziert, darunter eine Einspielung aller Introitus des Kirchenjahres mit dem ORF (1996), welche heute noch im Programm Ö1
zu hören ist. Die Schola hat in zahlreichen europäischen Ländern, in den USA und in Israel gesungen und ist Gast bei renommierten Festivals. Der Gründer und Leiter der Grazer Choralschola, Franz Karl Praßl,
ist nach seiner Tätigkeit als Domorganist in Klagenfurt und Kirchenmusikreferent der Diözese Gurk seit 1989 ordentlicher Professor für Gregorianik und Geschichte der Kirchenmusik an der Universität für Musik- und darstellende Kunst Graz,
seit 2011 auch Gastprofessor für Gregorianik am Pontificio Istituto di Musica Sacra Roma. 1999-2011 Präsident der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Hymnologie, derzeit Präsident der Österreichischen Kirchenmusikkommission.
Forschungsschwerpunkte: Gregorianische Semiologie, Libri ordinarii, Musik und Liturgie der Österreichischen Augustiner-Chorherren im Mittelalter, Hymnologie des Mittelalters und hymnologische Austriaca.
Das Blechbläserquartett Batava Brass setzt sich aus Musikern aus dem Raum Passau zusammen, welche durch ihre gemeinsame Liebe zur Kammermusik vereint wurden. Mit ihrer Besetzung, bestehend aus Tuba, Posaune und
zwei Trompeten, bieten sie ein vielfältiges Repertoire; von alten Meistern der Renaissance bis hin zu Brass-Klassikern des 20. Jahrhunderts. Ihre Tätigkeit umfasst sowohl die Umrahmung von Feierlichkeiten als auch die
musikalische Gestaltung von Konzerten.
Tagungsbericht
Klugseder, Robert (Hg.): Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte des Klosters Aldersbach (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige. Ergänzungsband 55), St. Ottilien 2021. Bestellungen
an mail@eos-verlag.de. Verkaufspreis: € 59.95. Titel, Einleitung und Inhaltsverzeichnis als PDF.
INHALTSVERZEICHNIS
AutorIn
Seite
Vorwort
Robert Klugseder
VII
Grußwort
Harald Mayrhofer
IX
Das Kloster Aldersbach im Mittelalter
Bernhard Lübbers
1
Der weitere Blick: der niederbayerische Donauraum und seine Potentaten im 12. Jahrhundert
Richard Loibl
7
Das Kloster Aldersbach in der Geschichte des Bistums Passau (1120-1550)
Herbert W. Wurster
15
Zisterziensische Entvogtungstendenzen? Die Vogtei über das Kloster Aldersbach im 12. und 13. Jahrhundert
Sebastian Kalla
31
Der Einbau des Klosters Aldersbach in den Territorialstaat der Wittelsbacher
Alois Schmid
45
Die niederbayerischen Herzöge und ihre Beziehungen zum Kloster Aldersbach (1255-1340)
Tobias Appl
63
Urkunden, Akten, Amtsbücher - das Archiv des Klosters und warum alte Repertorien für die historische Forschung nützlich sind
Susanne Wolf
81
Bemerkungen zur Entstehung des monastischen Konvents in Aldersbach sowie zu einer denkwürdigen Tat im Streit um die Zugehörigkeit der Pfarre Thaya am Ende des 13. Jahrhunderts
Adelheid Krah
123
Die ältesten Aldersbacher Rechnungen und ihr Quellenwert
Bernhard Lübbers
137
Die Handschriften des Klosters Aldersbach
Carolin Schreiber
161
I più antichi manoscritti dello scriptorium di Aldersbach
Donatella Frioli
201
Die ältesten Handschriften des Aldersbacher Skriptoriums
Donatella Frioli
223
Buchmalerei in Aldersbach. Ein Überblick
Martin Roland
237
Übersicht zur Musik- und Liturgiegeschichte Aldersbachs bis zum Beginn der Neuzeit
Robert Klugseder
323
Der liturgische Gesang der Zisterzienser: Ein Fremdkörper in der Chorallandschaft Südostbayerns
David Hiley
349
Ars musica in Aldersbach. Musiktheorie und artes liberales in der Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek Clm 2599
Daniela v. Aretin
359
Historiographie in Stein? Zur Rezeption von Klosterquellen in Gedenkinschriften des Zisterzienserklosters Aldersbach
Ramona Baltolu
373
Daten zur Baugeschichte des Klosters Aldersbach
Robert Klugseder
391
Zur Raumwirksamkeit zisterziensischer Narrative und deren Persistenzen in aktuellen Landschaften, diskutiert an den Abteien Aldersbach und Ebrach
Christian Malzer, Winfried Schenk und Thomas Büttner
473
Die Beziehung zwischen dem Kloster Aldersbach und der Wallfahrt Kößlarn im späten Mittelalter
Ludger Drost
497
Möglichkeiten der Digital Humanities am Beispiel der Klosterchronik von Abt Gerhard Hörger