Abt Bonifaz Hiltbrand

Abt Bonifaz Hiltbrand, Wallfahrtsbild aus Greising. Bild: © Konrad Winkler

Bonifaz Hiltbrand wurde im Jahr 1624 geboren und war Sohn des langjährigen Klosterarztes Dr. Kaspar Hiltbrand aus Passau. Bonifaz legte im Jahr 1645 seine ewige Profess ab und wurde 1650 zum Priester geweiht. In den Matrikeln der Universität Ingolstadt lässt sich Bonifaz im Jahr 1646 als Studierender der Theologie und des Kirchenrechts nachweisen. Zudem soll er zwei Jahre Pfarrer in Österreich und Beichtvater im Kloster Seligenthal gewesen sein, bevor er am 18.02.1658 zum Abt von Gotteszell erwählt wurde. Durch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges – die Flucht des Aldersbacher Konvents von ca. 1646-48 und die im Jahr 1649 in Aldersbach wütende Pest – kann man davon ausgehen, dass sich Bonifaz in diesen Jahren kaum im Kloster aufgehalten hatte. Von Gerard Hörger, der von 1651-58 sowohl Abt von Aldersbach als auch von Gotteszell war, wissen wir, dass er Bonifaz bereits im März des Jahres 1654 dorthin entsandte und Ende April als Prior und Abtstell¬vertreter einsetzte. Somit konnte Hiltbrand nur von 1653 bis Februar 1654 als Vikar an St. Peter gewirkt haben. Diese Vermutung wird durch die Taufmatrikel bestätigt: 'Fr. Bonifacius Hiltprandus' hat nach dem Taufeintrag zum 29.09.1653 eine Notiz hinterlassen, wonach er zu diesem Zeitpunkt als Vikar von St. Peter eingesetzt worden war. Seine erste Taufe fand am 29.11.1653 statt, die letzte am 05.01.1654. Die folgenden Einträge ab März 1654 stammen bereits von einer anderen Hand.

Wie eingangs erwähnt, wirkte Bonifaz' Vater Dr. Kaspar Hiltbrand als Klosterarzt. Der Mediziner hatte seinen Lebensmittelpunkt jedoch in der Domstadt Passau. Dort lässt er sich seit dem Jahr 1638 als Hofmedicus und Conciliarius (Berater) des Fürstbischofs und Erzherzogs Leopold Wilhelm von Habsburg, einem Bruder des Kaisers Ferdinand III., nachweisen. In den Matriken der Dompfarrei findet sich für den 13.11.1638 eine Notiz, die über seine (zweite) Ehe mit Anna Franziska, Tochter des Mautners Wilhelm von Lassin, informiert. Aus dieser Ehe ging Kaspar (jun.) hervor (Taufe am 03.10.1642), der später die Nachfolge seines Vaters als Stadtarzt antrat. Das Aldersbacher Nekrolog enthält zum 13.07. den Eintrag "Verstorben ist die vornehme Herrin Anna Franziska Helliprandin, Mutter unseres Mitbruders". In den Sterbematriken von St. Stephan Passau findet sich zum 15.07.1654 ein dazu passender Hinweis "[Verstorben ist] die vornehmste Herrin Anna Franziska Hiltprandin, Ehefrau des Passauer Stadtarztes Kaspar Hilteprandt". Dem Aldersbacher Nekrologschreiber war offensichtlich nicht bekannt, dass Anna Franziska nicht die Mutter, sondern die Stiefmutter des Abtes war. Über Bonifaz' leibliche Mutter konnte noch nichts in Erfahrung gebracht werden. Nach dem Tod des Vaters († 10.12.1658) verfügte Abt Bonifaz über ein ansehnliches Vermögen. Urkundlich gesichert ist, dass ihm im Jahr 1659 ein Erbanteil von 1000 Gulden zugefallen war, den er je zur Hälfte seinem Professkloster und dem Kloster Gotteszell überließ. Im Aldersbacher Nekrolog findet sich zum Tod Dr. Hiltbrands im Jahr 1658 folgender Eintrag: „Der berühmte Herr Kaspar Hiltbrant, Doktor der Medizin, 40 Jahre ordentlicher Arzt dieses Klosters, Vater unseres Mitbruders".

Bei dem laut Sterbematriken von St. Stephan Passau am 08.04.1688 verstorbenen Christoph Nikolaus Hiltbrand, Doktor des Rechts, handelt es sich um einen Bruder von Bonifaz. Seine 1658 in Ingolstadt abgeschlossene Dissertation widmete er dem Abt. Auch im Aldersbacher Nekrolog ist zum 20.04. ein Hinweis auf das Ableben Christophs eingetragen, der hier als "cancellarius Passaviensis" bezeichnet und als Bruder des Gotteszeller Abtes identifiziert wird. Die Brüder Bonifaz und Christoph Nikolaus lassen sich in den Taufmatriken von Passau St. Stephan nicht nachweisen und scheinen der ersten Ehe von Kaspar (sen.) zuzuordnen zu sein. Somit ist fraglich, ob die Familie aus Passau stammte.

Es ist durchaus möglich, dass es sich bei dem Studenten Kaspar Hiltbrand aus Schlesien, der im Jahr 1585 an der Universität Wien eingeschrieben war, um den Großvater des späteren Abtes handelt.In den Jahren 1629-32 lässt sich an der Wiener Universität zudem ein Adam Hiltbrand aus Passau nachweisen, der dort zuerst erfolgreich um die Anerkennung seiner zuvor an der Universität Bologna erlangten Promotion zum Doktor der Medizin und Philosophie ansuchte und sich 1632 ebenso erfolgreich um das Amt des "Magister Sanitatis" an der Medizinischen Fakultät bewarb. Der Epidemiearzt bzw. Stadtphysikus war ein kaiserlicher Beamter, der von der Medizinischen Fakultät gestellt bzw. bestimmt wurde. Dieses ungeliebte und lebensgefährliche Amt wurde meist an jüngere Ärzte vergeben. Adam führte es in Kriegszeiten aus, was ihm bereits kurze Zeit nach Übernahme das Leben kosten sollte. Er verstarb am 09.03.1636. In der nächsten Generation der Familie suchte im Jahr 1656 "Franciscus Hilleprandt Passaviensis" ebenfalls an der Universität Wien um die Anerkennung seiner zuvor an der Universität Bologna erlangten Promotion zum Doktor der Medizin an. Hier könnte es sich ebenfalls um einen Bruder (oder nahen Verwandten) von Bonifaz handeln. Ein weiterer Hinweis auf die Familie Hiltprand findet sich am 27.12. im Nekrolog: "Verstorben ist die vornehme Dame Ursula Hildprand 1677". Vermutlich handelt es sich bei der Niedernburger Äbtissin Maria Kunigunde Hildeprandin (reg. 1658-96) ebenfalls um eine nahe Verwandte. Auch in diesem Fall enthält das Aldersbacher Totenbuch einen entsprechenden Memorialeintrag (22.11., † 12.10.1696).

Abt Gerard Hörger informiert in seiner Gotteszeller Äbtechronik vom Wechsel Hiltbrands in das Bayerwaldkloster: Es „folgte der von mir [1654] dorthin abgesandte Ehrwürdige Pater Bonifacius Hiltprand, ein Professe aus dem Kloster Aldersbach, studierter Theologe und Kirchenrechtler, den ich auf Zeit als Prior mit der Verwaltung des weltlichen Besitzes einsetzte, und ihm zwei Priestermönche als Kuraten für die Seelsorge beigab [P. Benedikt Velder und P. Wilhelm Reiter]. Dieser im Namen und in der Tat Bonifacius hat bis zur heutigen Stunde alles wohlgetan, ein kluger und religiöser Mann, ein Mann, auf den ich ohne Bedenken nicht die Hälfte, sondern gleichsam die Gesamtheit der Last meiner Sorgen warf. … Nach meiner Resignation wurde in einem feierlichen und dem Kirchenrecht entsprechenden Vorgang der vorgenannte Herr Bonifacius zum Abt dieses Hauses [Gotteszell] gewählt, nachdem er zuvor vier volle Jahre lang als Prior mit der Verwaltung der geistlichen und weltlichen Dinge zum größten persönlichen Lob und zum Nutzen des Klosters gewirkt hatte. Die Wahl geschah unter meinem Vorsitz und der Assistenz des oben genannten Herrn Abts von Fürstenfeld. … So steht also heute der vorgenannte Herr Bonifacius dem Kloster Gotteszell vor und nutzt ihm. Möge ihm Gott, der größer ist als Alles, Gelingen und langes Leben schenken!“

„Abt Bonifaz 1658-89, ein ‚kluger und religiöser Mann‘, wie ihn Abt Gerhard bezeichnete, führte die Leitung seines Klosters im Geiste seines Mentors weiter. Selbst in der Erkenntnis der theologischen Wissenschaft auf einer hohen Stufe stehend vor seiner Abordnung nach Gotteszell versah er in Aldersbach das Amt eines Lehrers der Theologie und des Kirchenrechtes war eine seiner ersten Sorgen die Wiedereinführung eines höheren Schulunterrichts für seine Novizen. Zu diesem Zwecke berief er einen Franziskaner namens Winter als Lektor für die philosophischen Studien, der seine Lehrtätigkeit in Gotteszell nach dem Lichtmessfest 1659 aufnahm. Am 15.07.1660 konnte Bonifaz dann schon Abt Gerhard zu einer philosophischen Disputation einladen. Mit dem genannten Lektor kam es aber bald zu Zerwürfnissen und wurde derselbe am 25.08.1660 wieder entlassen. Bei seinem Abgange forderte er ein Honorar von 60 Gulden, das dem Abt Bonifaz zu hoch erschien und nur im Betrage von 12 Imperialen (Kronentalern) bewilligt wurde; auch verlangte Winter von einem Schüler die Aushändigung seiner Skripten, die der Abt, aber ohne Erfolg, verbat.“

„Seiner Missstimmung gab Bonifaz in einem Briefe nach Aldersbach mit den Worten Ausdruck: ‚von dem Franziskaner Winter befreie mich, o Herr!‘ Einige Jahre später verschrieb er sich einen Dominikanerpater mit Namen Albert Zenner als Professor. Auch mit diesem war er wieder nicht zufrieden; in einem Briefe vom Juli 1665 schickte er eine Zeichnung dieses Paters nach Aldersbach mit dem Beisatz: ‚von einem solchen Manne befreie mich, o Herr!‘ Er selbst beschäftigte sich in freien Stunden gerne mit literarischen Studien. So hat er als Prior nach einer Notiz des Abtes Gerhard diesem zu seinem Äbtekatalog wertvolle Beiträge aus dem Gotteszeller Archive geliefert.“

„Eine umfangreichere Arbeit war eine Übersetzung der Zisterzienser-Annalen des Ángel Manrique aus dem Lateinischen ins Deutsche, die er auf schon im Jahre 1660 gestellter Bitte der Äbtissin Maria Regina in Seligenthal zunächst für deren Kloster anfertigte. Den ersten Teil dieser Übersetzung – das ganze Werk umfasst fünf Bände – übersandte er im Jahre 1672. Den fünften Teil schickte er mit Schreiben vom 27.04.1689, wenige Tage vor seinem Tode, mit der Bitte, bei der Lesung der Annalen seiner zu gedenken und für ihn armen Sünder zu beten. Dieses Werk wurde später, im Jahr 1741, vom Kloster Gotteszell in Druck gegeben (bei Buchdrucker Zunnkehl in Regensburg).“

„Abt Bonifaz ließ sich auch die Hebung des religiösen Lebens angelegen sein; dies beweist die schon erwähnte Erwirkung eines Ablasses zum Feste der hl. Anna. Im Jahre 1666 erfolgte in Gotteszell die Einführung der festlichen Feier der unbefleckten Empfängnis Mariä. Bei den übrigen Klöstern seines Ordens stand er in hohem Ansehen, wie seine Abordnung im Jahr 1667 als Vertreter der bayerischen Provinz zu einem Generalkapitel des Zisterzienserordens beweist; regelmäßig wurde er bei Abtwahlen (so in Seligenthal und Aldersbach) als Wahlbeisitzer eingeladen. Seine Religiosen folgten seinen Anordnungen und Einrichtungen willig und gehorsam; im Jahre 1661 war er aber gezwungen, über einen Bruder Joachim die Karzerstrafe zu verhängen und erbat er sich in einem Briefe vom 20.05. in Aldersbach Rat, was mit diesem zu tun sei. Am 3. Mai 1670 konnte er dem seit langer Zeit verschollenen früheren Abt Christof, der für seinen Lebensabend sein altes Kloster wieder aufsuchte, die erbetene Zufluchtsstätte gewähren. In einem Briefe vom 25.01.1685, in welchem er dem Abt in Aldersbach nachträglich die gewohnten Neujahrsglückwünsche übermittelte, beklagte sich Abt Bonifaz, dass sich bei ihm die Altersgebrechen einstellen. Am 05.05.1689 ging er mit Tod ab, nachdem er über 31 Jahre in rühmlicher Weise und zum Wohle seines Klosters den Abtstab geführt hatte.“ Auch das Aldersbacher Nekrolog berichtet über das Ableben des hochangesehenen Abtes: "Reverendissimi et amplissimi domini domini Bonifacii Hildeprandt abbatis de Cella Dei, huius domus professi, qui 5. Maii 1689 pie in domino obiit" [Am 5. Ami 1689 fromm in Gott verstorben ist der bedeutendste und ehrwürdigste Herr Herr Bonifatius Hildeprandt, Abt von Gotteszell und Profess dieses Hauses [Aldersbach]].

Zusammenstellung: Robert Klugseder. Quellen: u.a. Eberl, Anton: Geschichte des ehemaligen Zisterzienserklosters Gotteszell im Bayerischen Wald, Deggendorf 1935. Erweiterte Neuauflage aus 2019, 181-182 und 69-71, Übersetzung der Äbtechronik von Georg Bauerschmitt.




Biographische Informationen der Mönchsdatenbank
BiographieBonifaz Hiltbrand, * 1624, Profess 1645, Ordination 1650, Klosterprofessor für Theologie und Kirchenrecht, Beichtvater in Seligenthal, Vikar an St. Peter (1653-54), Prior in Gotteszell (29.04.1654), 18.02.1658 Abt in Gotteszell, † 05.05.1689
Wirkungszeitraum1645 bis 1657
Zusatzinformationen1646 April Theologie- und Kirchenrecht-Student in Ingolstadt 1646 705–32. | Ca. 1648-50 als Pest-Flüchtling, zwei Jahre Pfarrer in Österreich (Katalog 1651).| Praenobilis dominus Casparus Hildbrandt medicinae doctor per .40. annos huius monasterii medicus ordinarius, confratris nostri parens [† 10.12.1658 in Passau, NEK am 11.12.] | Bruder Christoph † 20.04.1688, [Stief-]Mutter Anna Franziska † 13.[15.]07.[1654]., Matrona Ursula † 27.12.1677 [NEK] | Bearbeiter und Herausgeber der deutschen Übersetzung der fünfbändigen Zisterzienserchronik von Ángel Manrique (Annales Cistercienses, Das ist, Cisterciensische, Oder Vielmehr Jährliche Kirchen-Geschichte Von Erbauung Cisterz, wie dieser Heil. Marianische Orden seinen Anfang und Aufnahm genommen, und was sich von Anno Christi Geburth 1098 ... biß 1212 des bemeldten Ordens im 115. Jahr denckwürdiges begeben, Regensburg 1739–40). | Die angebliche Wahl zum Abt von Raitenhaslach und Bonifaz Ablehnung beruhen auf einem Übersetzungsfehler
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