P. Balduin Wurzer

Katholischer Theologe, geboren am 25. December 1738 (so nach Meusel's Angabe; Träger gibt als Geburtsjahr 1740 an, ohne näheres Datum) zu Kelheim in Niederbaiern, † im Januar 1809. Wurzer erhielt seine Gymnasialbildung in Regensburg und Landshut, absolvirte das Studium der Philosophie an der Universität zu Ingolstadt und trat dann im Kloster Aldersbach in Niederbaiern in den Cistercienser-Orden ein. Nach vollendetem Studium der Theologie empfing er die Priesterweihe und wurde nachher in seinem Kloster als Professor verwendet. Durch Decret vom 7. April 1775 wurde er als Professor der Moral und der Kirchengeschichte an die Universität Ingolstadt berufen, wo er im darauf folgenden Wintersemester seine Vorlesungen eröffnete. Gleichzeitig wurde er Doctor der Theologie und kurfürstlich bairischer geistlicher Rath, im folgenden Jahre auch Protonotarius apostolicus und fürstbischöflich Freisingischer geistlicher Rath. Schon nach zweijähriger Lehrthätigkeit an der Universität wurde er aber im Jahre 1777 zu Beginn der Herbstferien von seinen Oberen in das Kloster zurückberufen. Später war er Beichtvater des Cistercienser-Nonnenklosters Seligenthal bei Landshut, bis zur Säcularisation der Klöster, worauf er sich wieder nach Aldersbach zurückzog für den Rest seines Lebens.

Vor seiner Berufung nach Ingolstadt verfaßte Wurzer zwei Lehrbücher zunächst für den Gebrauch der Lehranstalten seines Ordens: „Philosophia regularis s. systema problematicum de philosophia in asceteriis regularibus tradenda“ (Ratisbonae 1769); sodann: „Prodromus isagogicus historico-critico-literarius in theologiam eclecticam“ (Ratisbonae 1773), eine allgemeine Einleitung in die Dogmatik, welche zugleich die Ansichten des Verfassers über die richtige Methode auseinandersetzt; ähnlich seinem Ordensgenossen Wiest, der ihm übrigens an positiver Gelehrsamkeit wie in der richtigen Maßhaltung überlegen ist, will er die Behandlung der Dogmatik vereinfachen, von dem nach seiner Ansicht Ueberflüssigen entlasten, und vor allem von den Fesseln der scholastischen Methode, gegen die er leidenschaftlich polemisirt, befreien; mit dem Namen theologia eclectica bezeichnet er die nach seiner Methode betriebene, weil sich dieselbe eben an keine Schule binden, sondern von allen Schulen nur das Beste nehmen und sich im übrigen nur an die Quellen des Glaubens und an die katholischen Principien halten wolle.

Als Professor in Ingolstadt ließ Wurzer zuerst ein kurzgefaßtes Lehrbuch der Moral erscheinen: „Specimen theologiae moralis christianae methodo acroamatica elucubravit P. B. Wurzer“ (Ingolstadii 1775), das nach denselben Grundsätzen ausgearbeitet ist, die er im „Prodromus isagogicus“ zunächst für die Dogmatik auseinandergesetzt hatte. Seine anderen litterarischen Arbeiten aus diesen Jahren seines akademischen Lehramtes gehören dem Gebiete der baierischen Kirchengeschichte an; es sind dies die Abhandlung: „De statu religionis christianae in Bavaria, ab exordio praetensae Reformationisusque ad Pacem Westphalicam“, von der jedoch nur die zwei ersten Abschnitte, bis 1555 reichend, als Dissertationen gedruckt erschienen sind (Periodus I. ab anno 1517 usque ad a. 1545, Ingolstadii 1776; Periodus II. ab anno 1545 usque ad annum 1555, Ingolstadii 1777). und die kleine Streitschrift: „Rationes dubitandi de Synodo Nuenhaimensi, sub Tassilone Bajoariae duce celebrata, quam nuper ex codice Weltenburgensi eruit et conjecturis illustravit Hermannus Scholliner“ (Augustae Tiberii 1777; vgl. über diese Controverse Hefele's Conciliengeschichte, Bd. III, 2. Aufl., S. 608). Aus den folgenden Jahren liegen von Wurzer keine weiteren literarischen Arbeiten vor. Briefe Wurzer's an Steigenberger aus den Jahren 1778—1786 bewahrt die Münchener Hof- und Staatsbibliothek im Manuscript, Cod. germ. Mon. 2712 [BSB Cgm 2712].

Quelle: Jakob Lauchert: "Wurzer, Balduin", in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), 366-367. Online: www.deutsche-biographie.de

Ergänzungen: Schon zu Beginn der Säkularisation war Wurzer „nach dem Attestato medico durch einen Schlagfluß dergestalten befallen worden, dass dessen ganze linke Seite faßt aller Bewegung und Empfindung beraubt ist; ja diese Krankheit ohngedacht aller in- et externe angewandten stärkenden Mitteln und mineralischen Bädern bis daher noch nicht gehoben werden konnte.“ Der Gelehrte starb am 3. Januar 1809 als Kommorant in Aldersbach und wurde im Friedhof St. Peter beigesetzt.

P. Balduin war auch ein Musiker und ein begabter Komponist. Im Verzeichnis "Repertorium universale Chori Alderspacensis", das nach der Aufhebung des Klosters 1803 zusammengestellt wurde, sind folgende Werke des Komponisten verzeichnet: sieben Missa brevis, eine Missa da Requiem, vier Litaneien zu Ehren des hl. Johann Nepomuk, ein Miserere, zwei Veni Sancte Spiritus ger. und acht Sinfonien. Erhalten sind lediglich eine Sinfonie und das Requiem (vgl. Robert Klugseder: Musikgeschichte Aldersbach).

Wurzers Vater Franz Anton war Stadtbräu in Kelheim. Er zählte in Ingolstadt zur Reformpartei und trat für eine Neuordnung des theol. Studiums ein; die Dogmatik sollte gekürzt, Bibelkunde und Kirchengeschichte sollten stärker berücksichtigt werden. Er geriet dadurch in Gegensatz zur exjesuitischen Fraktion. Ungeachtet seiner wissenschaftlichen Verdienste (vgl. Müller, Winfried: "Wurzer, Balduin", in: Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität München, 490, siehe Vorbemerkungen)

Die wissenschaftlichen Werke Wurzers stehen zum Teil in der Digitalisatsammlung zur Verfügung (Seitenende, bei den Druckwerken).




Biographische Informationen der Mönchsdatenbank
BiographieBalduin (Anton) Wurzer, Dr. theol., * Kelheim 25.12.1738, Profess 13.11.1757, Ordination 18.03.1763, Apostolischer Protonotar, kurfürstlich geheimer Rat und fürstbischöflicher freisingscher geistlicher Rat, Bibliothekar, Professor der Philosophie und Theologie im Kloster, Professor der Moral und Kirchengeschichte an der Universität Ingolstadt (1775-77) und Beichtvater in Seligenthal (1780-94), † 03.01.1809 als Kommorant in Aldersbach
Wirkungszeitraum1757 bis 1803
Zusatzinformationen1775 Physik. Mag. phil., Bacc. und Licientiatus theologiae, Dr. Theol. und Dr. phil., 1775 Professor der Moraltheologie und der Kirchengeschichte
Externer Linkhttps://www.alderspach.de/geschichte/gelehrte/index.php
Zusatzinformationen aus den Jahreskatalogen (1735-1803)
NameBalduinus Wurzer
Funktionen1761: Novize | 1766-72: Bibliohekar | 1769: Philosophieprofessor im Kloster | 1770-72: Theologieprofessor im Kloster | 1780-94: Beichvater in Seligenthal | 1784: Doktor der Theologie | 1795: Doktor der Theologie, Professor emeritus und Apost. Protonotar | 1800-03: Doktor der Theologie | 1800: Apost. Protonotar und Kirchenrat von Freising
GeburtsortKelheim
Geburtstag25.12.1738
Profess13.11.1757
Primiz17.04.1763



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