Visitation der bayerischen Pfarreien im Jahr 1564

von Robert Klugseder

Im Auftrag Herzog Albrechts V. von Bayern wurden die Pfarreien im Herzogtum zur Zeit der Glaubensspaltung mehrmals visitiert.* Nachfolgender Bericht schildert die Situation im Landgericht Vilshofen bei der Visitation des Jahres 1564 (bzw. 1563). Obwohl der Herzog zunächst einige Zuge-ständnisse machte (wie die nachfolgend dokumentierte und streng reglementierte Kommunion unter beiden Gestalten („communio utriusque speciei“, „sub utraque“)),** ging das Interesse der Gläubigen an der „Alten Religion“ deutlich zurück. Der Kommunionempfang war zuvor schon sehr gering und beschränkte sich im Wesentlichen auf die Hauptfeste des Kirchenjahres.*** Von einigen Pfarrherren wird berichtet, dass abtrünnige Gläubige Gottesdienste in der Grafschaft Ortenburg oder in der freien Reichsstadt Regensburg besuchten. Der Bericht basiert auf Stellungnahmen der Pfarrer bzw. Pfarrvikare, die in den Jahren 1563 und 1564 angefertigt wurden. Ob diese in jedem Fall der Realität entsprachen, lässt sich nicht mehr feststellen.

Quelle: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kurbayern Äußeres Archiv 4266.

Anmerkungen: *: Vgl. dazu auch Kaff, Brigitte: Volksreligion und Landeskirche. Die evangelische Bewegung im bayerischen Teil der Diözese Passau (= Miscellanea Bavaria Monacensia 69), München 1977 und Braun, Rainer: Die bayerischen Teile des Erzbistums Salzburg und des Bistums Chiemsee in der Visitation des Jahres 1558 (= Studien zur Theologie und Geschichte 6), St. Ottilien 1991.
**: „Durch das verschiedentliche Drängen der Stände ließ sich Albrecht zu der Deklaration vom 31. März 1556 bewe-gen, durch die für Empfang und Spendung des Kelches Straflosigkeit zugesichert wurde, falls es `ohne Verachtung der einerlei Gestalt´ geschehe. Der Herzog verwahrt sich aber gegen die Auffassung, als wolle er dadurch den Kelch erlauben. Dafür sei er nicht zuständig. Auch dürfe kein Priester gezwungen werden, beide Gestalten zu reichen“ (Eder, Peter: Die Kelchbewegung des 16. Jahrhunderts im Innviertel, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines S. 317–366, hier S. 319.
***: „Bei den Laien war in Deutschland in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die häufige Kommunion so wenig Sitte wie früher. Eine Fülle von Andachten, besonders der Kult der Anbetung der Eucharistie, hatte den Sakramentenempfang zurücktreten lassen. Vielfach hielt man das Anschauen der konsekrierten Hostie schon für gleichwertig mit dem Empfang. In jahrhundertelanger Praxis hatte man von den Gläubigen eine so lange und gründliche Vorbereitung auf die Kommunion und eine solche Reinheit des Gewissens … gefordert, daß es niemand wagte, öfter zum Tisch des Herrn zu gehen. An manchen Orten kommunizierte man an den vier Hauptfesten des Kirchenjahres, an anderen nur zu Ostern und zu Weihnachten, am letztgenannten Feste häu-fig nur die eifrigeren Christen. An anderen Tagen wurde die Kommunion gar nicht ausgeteilt. Die Salzburger Provinzialsynode von 1537 fordert die Gläubigen zum häufigeren Empfang im Jahre auf. Wer ohne triftigen Grund die Osterkommunion versäumt, bekommt kein kirchliches Begräbnis“ (Eder, wie Anm. 2, S. 317).




Aicha vorm Wald 1563
Joannes Schleisinger, Pfarrer zu Aicha, meldt gleichwol, das in seiner Pfarr noch kein Neuerung eingerisen, noch begert wirdet. Sein überschickter Bericht aber ist nit allain gar ungereumbt, grob unnd ungeschmack, sonnder also gestellt, das er die Articl, darauf er Relation thun sollen, nicht verstannden. Unnd ob syder heer in seiner Pfarr sich einicher Ungehorsam oder Abfall zugetragen hette, möchte diser Pfaff seiner Ungeschicklicheit halben gefordert unnd dahin bespracht werden, ob nit dieselbe oder sein Nachlessigkeit dem groben unnd zur Neuerung jetzt one das genaigten Paursvolck ein Ursach geben hette.

Aidenbach 1564
Cassianus Clarman, Pfarrer zu Aittnpach, hat in seiner Pfarr bey .960. Communicanten. Darum haben zu jungst verschinner österlichen Zeit nuer .112. Personen dem catholischen Gebrauch nach Peicht unnd sub una communiciert. Der Rest erzaigt sich bey ime Pfarrer weder mit Peichten noch communiciern. Lauffen geen Ortenberg, wellen das hochwürdig Sacrament sub sacrificio Missae weder in einer noch zwayerlai gestallt. Dasselb auch von keinem catholischen Priester, sonndern einem, so ein Eheweib habe empfahlen. Als das dis Orts von des hochschedlichen Abfalls wegen guets einsehens von Nöten.

Aldersbach 1563
P. Martinus Schmürlitz, Prior unnd Pfarrer zu S. Peter nechst bey Alderspach, zaigt an, das es doselbsten der Secten halber Gott Lob ganntz rain sey unnd biß dahin kaines seiner Pfarrkinder einicher Neuerung in Glaubens Sachen begert hab. Der Communicanten bey diser Pfarr seind nit vil ob .200. Personen.

Aunkirchen 1564
Stephanus Seibald, Pfarrer zu Aunkirchen, hat zu jungst verganngner österlichen Zeit dis .64. Jars .417. Personen gehabt, die sub una communiciert unnd der Communion utriusque speciei nit begert haben. Unnd ist deren zu Pfingsten nechst darnach, so auch verschinen, noch mer gewerttig gewesen. Hat sonnsten 7 Personen unnd .6. ganntze Haußgesinndt, deren Anzall in der Bericht nit zufinden, die es von Ime hievor nit allain auch nit ersuecht und empfangen, sonndern begeren. Jetzt, der Communion utri usque speciei, deren sy doch so hefftig nachgeschrieren unnd dieselbe in der Graffschaft Ortenberg und ander Orten gesuecht, von Inne auch nit, unangesehen, das sy dem Herrn Canntzler unnd Rentmaister zu Landshut zu thun versprochen.

Egglham 1564
Sebastianus Gerwallter, Pfarrer zu Tettling, hat die Communion utriusque speciei auf die fürstlich Verwilligung auch alberait angestellt unnd inns Werck gebracht unnd zu jungst verruckter heilig österlichen Zeit .212. Personen providiert, dieselben gleichwol zur Ohren Peicht vermant unnd gehallten, auch keinem ausser dem Ampt der heiligen Meß das hochwürdig Sacrament geraicht. Die überig Personen, so zur Empfachung eins Tails nit geschickt unnd eins Tails ob sy sub una communiciern wöllen, irrig gewesen, hab er damalen zu vernerer pesserer Gelegenheit abgewisen. Unnd wie auf sein Pfarrers Bericht verzaichnet ist, sollen solch ausstendigen Personen .700. sein. Ist zweiflich, ob sys zum Tail sub una nemmen werden, deß Pfarrers Bericht brinngt auch deshalben nichts mit. Calicem consecrier er sub missa unnd setz ettwa iuxta quantitatem communicantium .3. Kelch auf, di er mit einandeer consecriert.

Heining (Passau) 1563
Bartolomeus Mair, Pfarrer zu Heining, meldt in seinem Bericht, er spür bey seinen Pfarrkindern kain Ungehorsam. Allain hab er .3. widersessig Personen. Die 2. khünn er gar nit zur Communion bereden, stellen dieselbe ein, die dritt Person empfach das Sacrament in der Pfarr Neukirchen, so dem Closter Farnpach zugehörig sey, sub utraque. Sonnst stet es bey diser Pfarr wol, erzaigen sich di anndern Communicanten mit Peichten, Communionem mit gebürender Andacht und Ehrerpietung. Sub una, als hallt ers auch bey den Krancken, dem alltkirchischen Gebrauch nach. Aber in Articulo de reservatione sacri liquoris gestellt, irrt er sich. Wirdt denselben villeicht pro extrema unctione versteen. Thuet davon dis Anregung. Mit den Krancken hallt er sacrum liquorem, aber unnder hundert Personen frag nit eine darnach etc.

Hofkirchen 1563
Georgius Schregl, Pfarrer zu Hofkirchen, meldt der Communicanten in seiner Pfarr kein Anzall, aber .7. Personen. Item der Scharfseder zu Gruebhofen sambt seinem Hausgesindt erzaigen sich weder mit Peichten noch Communicieren, irren ine in der Kirchen nit. Sonnst hallt ers durchauß unnser allten wahren Religion gemeß, gedenck dabey zubleiben.

Künzing 1564
Magister Geörgius Pirckel, Pfarrer zu Kintzen, hat zu der nechst fürgangnen österlichen Zeit bey der Pfarrkirchen doselbst .336. Communicantes sub una specie providiert. Dis Pfarr hat sonnst in allem bey .700. Communicanten. Der Rest über die obvermelten .336. Personen hat die Communion biß das sy einen anndern Beschaid erwartten, eingestellt, yedoch sich erpotten, auf Pfingsten, so dann schon verschinnen, gehorsam zelaisten. Ob es beschehen, mueß der Pfarrer wissen.

Neukirchen vorm Wald 1563
Ulrich Herpuger, Pfarrer zu Neunkirchen, waiß bey seinen Pfarrkindern kain Ungehorsam, sagt er hallt es mit dem Ambt der heilig Meß unnd der Administration der heiligen Sacramenten nach alltem catholischen Gebrauch, Numerus communicantium ibidem ist nit gemellt.

Otterskirchen 1563
Joannes Pach, Pfarrer zu Kirchpach, gibt einen dunckeln unlauttern Bericht, mit Anzaigung, er hab in seiner Pfarr auch keinen Ungehorsamen. Meldt doch auf .3. Articl, es seyen noch die drey Personen wie vormals. Schreibt verner, das seine Pfarrleüth all bey ime peichten unnd sub una communiciern, das ers auch sonnst allerding unnserer wahren catholischen Kirchen unnd dero Ortnungen gemeß hallte.

Pleinting 1564
Mathias Prunner, Pfarrer zu Pleinting, ist erst ungeverlich vor ein halben Jar, ehe er disen Bericht gegeben, auf die Pfarr kommen, aber wie ime in Antrettung derselben angezaigt worden, sollen der Communicanten alda bey .500. sein. Darunder haben zu nechst verganngner österlichen Zeit .324. Personen confitiert unnd more catholico sub una communiciert. Die anndern haben sich bey ime weder mit Peichten noch Communicieren erzaigt, ob sy es aber hernach thun werden, khünn er noch nit wissen.

Thurmannsbang 1563
Balthaser Loßpüchler, Pfarrer zu Turmanspanck, hat in seiner Pfarr nuer ein einge widerwertige Person, so das h. Sacrament in .7. Jarn nie empfangen, gibt dem Pfarrer auf beschehens Ausprechen zu Antwurt, es sey zu nichte guet. Ob nun ein solche verzweifelte Gotts lesterliche Red aus pösem verstocktem Gemüet beschech, oder ob er nit wol bey sinnen, mag der Pfarrer wissen.

Uttigkofen 1564
Balthaser Schuldteß, Pfarrer zu Uttikofen, hat bey seiner Pfarrkirchen Communionem utriusque speciei auf die fürstlich Verwilligung denen Personen, so sy an Ine begert, ins Wercke gezogen. Unnd zu jungst verschinner österlichen Zeit .40. Personen auf vorgeende christliche Ohren Peicht dieselbe sub sacrificio Missae geraicht. Aber der Communicanten unius specie seind nuer .14. in der ganntzen Pfarr. Brauch kein frembde sectische Vermanung, sondern bleib sonst allerding bey der allten waren catholischen Kirchen. Zaig den Communicanten an, das die so sub una communicier, eben so wol den ganntzen wahren Christum unnd nit weniger empfach, als sub bina specie. Wie es aber umb die anndern Personen in diser Pfarr geschaffen unnd wievil dero seyen, gibt die Bericht nit zuerkennen.

Vilshofen 1563
Vermüg deß Herrn Probst unnd Capitels zu Vilshofen in verschinnem .63. Jar überschickten Berichts, wirdet daselbst das hochwürdig Sacrament keinem Menschen sub utraque geraicht. Wievil aber der Communicanten in der ganntzen Anzall daselbst seyen, ist in dem Bericht nit. Allein das begriffen, das bey .84. Personen alda seyen so zum Tail der Communion geen Regenspurg nachgeloffen, so sy aber di fürstliche Verpott fürchten, stellen sy dieselbs gar ein unnd wartten einer anndern Bewilligung. Consecratio extra missam ist bey inen eben so wenig als die Communion utriusque speciei in keinem Gebrauch.

Walchsing 1564
Michael Walperstorffer Pfarrer zu Galckweiß, dahine Walxing ein Zukirchen ist, gibt Bericht, das sub una .53. unnd sub utraque .7. Personen bey ime gepeicht unnd communiciert haben. Erstreckht sich die Anzall der ganntzen Pfarrmenig so zum h. Sacrament geen auf di .350. Wie es nun umb den ausstendigen Rest geschaffen, bringt des Pfarrers Bericht nit mit.

Wolfakirchen 1563
Wolgangus Talhamer, Pfarrer zu Wolfachkirchen, hat vermüg seiner in Anno .63. gegebnen Berichts, biß daselbstin gar kainen Ungehorsamen ad sectarium in seinen Pfarr gehabt. Meldt aber die Zall seiner Communicanten nit.