Wasserleitungsröhre von Gumperting nach Aldersbach

von Alois Knödl, Wasserwart der Gemeinde Aldersbach im Ruhestand


Verlauf der Wasserleitung im Jahr 1842

Der Verlauf der Wasserleitung von Gumperting nach Aldersbach war bis dato ziemlich unbekannt. Man wusste nur, dass es sie gegeben hat. Bei Nachforschungen im Urkataster (StA Landshut 11753 ff) wegen anderer Kriterien, wurde quasi nebenbei unter der Rubrik „Besonderheiten“, heute würde man dies Grundbucheintrag nennen, festgestellt, dass die Röhre (1843) noch in Betrieb war und weiterhin genutzt wurde. Bei den genannten „Besonderheiten“ waren die Flurnummern aufgeführt durch die die Röhren verlegt waren. Beim Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Vilshofen, existiert der „Ur Plan“ aus ca. 1830, in dem die alten Flurnummern aus Klosterzeit eingetragen und ebenso die neu vergebenen Flurnummern vermerkt sind. Diese Grundstücke mussten nach der Säkularisation von den Bauern des Klosters erst erworben werden, um sie als Eigentümer zu bearbeiten. Bis zur Säkularisation waren Flurnummern und Hausnummern identisch. Erst Montgelas, in diesem Fall sei ihm ausdrücklich gedankt, zeichnet für das moderne Bayern als verantwortlicher, eben für die Modernisierung aller staatlichen Organe. Diese Flurnummern galten bis zur Flurbereinigung, in Gemeinden in denen keine Flurbereinigung stattfand, gelten sie noch heute. Durch die Vergabe der neuen Flurnummern war es möglich den Verlauf der Röhren wie sie 1843 verlaufen sind nach zu vollziehen. Ob sie Zeit ihres Bestehens (seit etwa 1300) stets den gleichen Verlauf nahmen wissen wir nicht, große Veränderungen waren auf Grund physikalischer Grundsätze ohnehin nicht möglich. Wenn man heutige Maßstäbe anlegt ist es so, wenn sich Reparaturen allzu sehr häufen ist eine Erneuerung sinnvoll, es geht ja auch um die Versorgungssicherheit. Die oben erwähnte Grunddienstbarkeit wurde entschädigt durch die Gewährung einer Kiesentnahme der betroffenen Grundbesitzer aus den Aretin`schen Wäldern zum Wegeunterhalt, diese Gewährung wurde nach Beendigung der Wasserförderung bestimmt gelöscht. Dafür hatte das Haus Aretin jederzeit Zugang bei etwaiger Reparatur, (Rohrbruch) . Die Aretin`sche Brauerei als Rechtsnachfolger des Klosters war ja Hauptnutznießer der Wasserleitung.

Der Bau der Wasserleitung war für das Kloster „alternativlos“, nachdem der Tunnel Edelsbrunn-Aldersbach gescheitert war. Gab es doch ansonsten in erreichbarer Nähe keine ergiebigen Quellen. Der ebenfalls in dieser Zeit erbaute Mühlkanal diente dem Antrieb mehrerer Mühlen und einem Sägewerk, auch vor dem Klosterbereich. Nach den Klostergebäuden wurde auch vom Kloster das Abwasser in den Mühlkanal geleitet. Der Ur-Aldersbach und der Mühlkanal vereinigen sich außerhalb des Klosterbereichs wieder. Die Sache mit dem Abwasser haben bestimmt auch andere Zeitgenossen so gehalten, somit dürfte der Aldersbach als Trinkwasserlieferant von Anfang an ausgeschieden sein. Der Mühlkanal existiert noch heute. Ab der Brauerei ist dieser ziegelgemauert und begehbar. In diesem ist Anfang der 1970 er Jahre eine gemeindliche Abwasserleitung verlegt worden. Der Leerbereich dient als Regenwasserkanal. Regelmäßig läuft nur noch eine kleine Wassermenge des Mühlkanals durch den gemauerten Bereich, damit das Mauerwerk nicht austrocknet und bei Niederschlagsereignissen freier Stau- und Fließraum besteht. Die Hauptmenge des Mühlkanals wird vor dem Brauereigelände in dem inzwischen durch den Ort verrohrten Rest-Aldersbach abgeleitet. Die Hauptmenge des Aldersbach läuft jetzt in der sogenannten Flutmulde. Schon beim Bau des Mühlkanal waren mehrere Überläufe in den Aldersbach geschaffen worden, diese werden heute noch genutzt, in den 1930 er Jahren bei Bedarf bis zur Flutmulde erweitert.

Doch zurück zu Wasserleitung: Bau und Unterhalt einer solchen Wasserleitung war wesentlich komplizierter und aufwendiger als bei einer solchen in der Jetztzeit. Die Wasserleitung war von der Brunnenstube bis zum Brunnenhaus, wir reden von einer Länge von knapp 1700 m, selbstverständlich unter Erdniveau, man denke nur an Frost oder Sabotage. Wenn man in heutiger Zeit z. B. einen Winkel von 90° verlegen muss ist die Frage, nimmt man einen 90° Bogen oder wegen des geringeren Druckverlustes 2-mal 45°. Diese sind weiter gespannt, haben daraus resultierend einen größeren Radius. Die Holzrohre konnten nur in einem geringen Winkel zu einander versetzt werden. Um den jeweils angestrebten Winkel auf kürzerem Weg zu erreichen, wurden die Rohre (im Normalfall je 4 m lang) auf 3 m oder gar bis auf 1 m verkürzt. Bevorzugt wurden Rohre aus Erlenholz gefertigt, da diese bei dauernder Feuchtigkeit die Härte von Eiche erreichen, aber eben leichter zu bearbeiten sind. Bei einer angenommenen Quellschüttung von 1 l/s ergäben sich etwa 86 m³ Leistung am Tag. Bei 10 cm Bohrdurchmesser ergibt das eine Fließgeschwindigkeit von ca. 13 cm/sec, bei 8 cm etwa 20 cm/sec. Beides sind realistische Werte für die angesetzte Tagesleistung. Wie groß die Bohrdurchmesser tatsächlich waren, wissen wir nicht. Denkbar wäre auch, Gefällstrecken mit 8 cm Bohrung, bei Anstiegen 10 cm Durchmesser der Bohrungen.

Ein weiterer Punkt verdient größten Respekt: Die Nivellierung. Um zu funktionieren, durfte diese Rohrleitung der Spätzeit zwischen Einlauf in der Brunnstube (etwa 338 m ü.NN) und Auslauf des Brunnenhauses im Kloster (etwa 325 m ü. NN) nur einen Tiefpunkt haben. Anno 1300 gab es noch keine Rohrbe- und entlüfter, mit denen man sich heute behelfen würde. Der tiefste Punkt war ja nicht das Brunnenhaus, sondern die Unterquerung(en) des Aldersbach. Eine äußerst respektable Leistung vor mehr als 700 Jahren. Sind der Einlauf Brunnstube und der Auslauf im Kloster (Brunnenhaus) nach oben frei (kommunizierende Röhren benötigen jeweils atmosphärischen Luftdruck) kann das Wasser im Brunnenhaus bis auf das Niveau der Brunnstube ansteigen. Allerdings je mehr sich die beiden Niveaus annähern müssen, umso weiter sinkt der Durchfluss. Hätte die Röhre mehrere Steigungen und Gefälle aufgewiesen, hätte sich an den Hochpunkten ein Luftsack gebildet, der nicht zu beseitigen gewesen wäre, es fließt also kein Wasser durch. Konventionelle Be- und Entlüfter gibt es erst seit etwa 1900. Um geringfügige Lufteinschlüsse zu beseitigen, ist eine Fließgeschwindigkeit von => 2 m/sec notwendig, aber diese war ja nicht gegeben. Das Anbohren an einem Hochpunkt und alsdann wieder verschließen wäre eine Möglichkeit. Dieses Prozedere wäre nach jeder Reparatur erneut nötig gewesen und hygienisch fraglich. Dieses Problem mit der Luft darf man nicht unterschätzen. In moderner Zeit ist es passiert, dass kein Wasser wegen fehlender Entlüftung durch die Wasserleitung geflossen ist, oder diese wegen fehlender Belüftung implodierte. Ein physikalisches Gesetz, das sich nicht aushebeln lässt.

Hygienegründe dürften auch gegen die Verwendung eines oder mehrerer Schöpfwerke im Verlauf der Strecke sprechen. Jedes Schöpfwerk hätte eine Kontaminierung des Wassers bedeuten können, vor allem bei Hochwasser. Von einer Zerstörung des (der) Schöpfwerks(e) durch Hochwasser kann man nirgends in den Klosteranalen Lesen, ebenso wenig von einer Typhusepidemie (Typhus wurde früher auch als Nervenfieber bezeichnet), die nach Hochwassereinfluss auf das Trinkwassers zu erwarten gewesen wäre.