Wiennerisches DIARIUM
Enthaltend alles dasjenige / was von Tag zu Tag sowohlin dieser Residentz-Stadt Wienn Denckwürdiges und Neues sich
zugetragen; Als auch / was dergleichen nachrichtlich allda eingeloffet;
sambt einem Anhang jedermahliger Verzeichnuß; Erstlich aller täglich per Posta allhie
Ankommenden; Zweytens / aller in- und vor der Stadt getaufften Kindern;
Drittens / aller verehelichten / und vierdtens aller verstorbenen Persohnen.
Mit Jhrer Römisch-Käyserlichen Majestät allergnädigstem Privilegio.
Zu finden im Rothen Ygel.
Wienn vom 6. biß 8. Januarii 1706 (Num. 254)
… Dito erhielte man wegen der von dem Kayserl. Obristen / Herrn Baron d'Arnan beschehenen Wieder-Einnehmung der Stadt Viltzhoffen die gewisse Bestättigung / sambt nachfolgenden Umbständen / nemblich:
Nachdeme der Herr Obriste / Baron d'Arnan, den 28. December mit der Grenadier-Bataillon und der von der Besatzung zu Straubing außgezogenen Mannschafft / in allem 1400. Mann starck (ohne 70. Reuther und 25. Husaren / so zu Land nachgegangen) zu Abends umb 9. Uhr / mit Verlust eines Feld-Wäbel und 3. Gemeinen / welche die Rebellische Bauern / so an der Donau / unterhalb Deckendorff biß Viltzhofen / die Wacht gehabt / zu Hilckersberg angelangt / und sich mit dem daselbstigen Commendanten / wegen eines und anderen / beredet / auch von ihme verstanden / daß die Besatzung in Viltzhofen nicht über 400. Rebellische Bauern sich erstrecke; Als habe vorgedachter Herr Obrister sich alsogleich mit dem bey handen gehabtem Fuß-Volck und Grenadiers übersetzen lassen / auch etwann eine Viertel-Stund oberhalb der Stadt mit derselben angelandet / und sie in Schlacht-Ordnung gestellet; da dann gleich die außgeschickte Husaren einen Bauern-Knecht gefangen eingebracht / welcher ebenmässig die vorerwehnte Stärcke / der Besatzung halber / bekräfftiget / nebst der Versicherung / daß annoch in der Stadt keine Wissenschafft von diesen Kayserl. Truppen wäre; worauff der Herr Obrist mit einem Theil von Grenadiers und Fussliers / ohnweit des Capuciner-Closter / und etwann einen Flinten Schuß weit von dem Thor / so pallisadiret ware / Posto gefasset / und / nachdeme hin- und wider etwas gefuret worden / habe er den P. Guardian sambt noch einen Capuciner in die Stadt geschickt / mit der Bedeutung / falls sie dieselbe gutwillig übergeben wolten / sie von ihme einen guten Accord würden zu hoffen haben; wie aber die Geistliche nicht wider zuruck kommen / habe der Herr Obrist biß 40. Grenadiers gegen die Pallisaden anlauffen lassen / auff welche zwar die Rebellische Bauern Feuer gegeben / als jene aber einige Grenaden über die Pallisaden geworffen / hätten sie sich zuruck in die Stadt retirirt / und die Fall-Brücke hinter sich aufflauffen lassen; worauff dann die Grenadiers über die Pallisaden / Schlag-Baum und Gattern eingedrungen / und da sie die Fall-Brücken entzwey zu hauen angefangen / hätten sich die Rebellen zum Viltzer-Thor hinauß gemacht / mithin die Flucht genommen; welchen obschon gleich 40. Mann nachgeschickt worden / doch weiter nit biß auff etliche / so getödtet / beyzukommen gewesen / indeme sie schon über die Viltz gesetzet; Als nun dise auß der Stadt durchgangen / hätten die Burger Appell geschlagen / und wären nebst dem Burger-Meister und Rath an das Thor gekommen / umb Verschonung zu bitten / massen sie gut Kayserlich seyen; und da ihnen solches versprochen worden / hätten sie die Thor alsobald eröffnet; auff welches der Herr Obrist d'Arnan in guter Ordnung 200. Grenadiers die Posten zu besetzen einmarschiren / das Fuß-Volck aber nebst den übrigen Grenadiers in die Vorstadt einquartiren lassen. Sonsten hätten die Rebellische Bauern 3. Commandanten gehabt / einen / Namens Georg König / gewesten Bayrischen Rittmeister / dann zwey geweste Bayrische Lieutenants / deren einer / nebst andern Rebellen / so zu gedachtem Viltzhoffen versteckt waren / auffgebracht worden; Nebst deme habe man auch bey einem Postillion Brieff gefunden / lauth welchen / denen zu Platling und andern Orthen / bey Betrobung Feuer und Schwerdt / sich nacher Viltzhoffen zum Succurs zu begeben / indeme allenthalben Sturm zu schlagen / anbefohlen worden.
… Von dem Donau-Strohm vom 3. Jenner.
Daß die Bayrische Land-Stände den Kayserl. Principal-Commissarium zu Regenspurg / Jhro Hochfürstl. Eminenz, Herrn Cardinal von Lamberg / etc. durch ein Schreiben gebührend ersuchet / erstlich / der in Bayern unter Jhr Bistumb gehörigen Geistlichkeit zu befehlen / daß selbige die Unterthanen von der Rebellion abmahnen möchte; andertens / daß die Güte nochmahlen versuchet / und fernerem Blut-Vergiessen vorgekommen würde; drittens und letztens / daß der Bayrische Adel sich gern in dasige Stadt und nacher Passau retiriren möchte / umb / bey Anruckung deren Alliirten Truppen / sicher zu seyn.
End-Urtheil / so Den 20. December / 1705. abgefast worden
für die Rebellische zusamben gerottete Bauern-Bursch / Welche Bey Uberfallung der Stadt Kellheimb Mit- und beygewest / Hand angelegt / zur Garnison eingezogen / und anjetzo bey wider Eroberung gefangen worden; Nichtweniger für die dasige Rebellische Burger / so sich zu obbesagter Rebellischen Bauern-Bursch gesellet / und sich gegen die Kayserl. Truppen Feindlich auffgeführt.
Joseph von Gottes Gnaden Erwöhlter Römischer Kayser zu allen Zeiten mehrer deß Reichs / auch König zu Ungarn / und Böheimb / etc.
DEmnach die von der Rebellischen zusamb-gerotteten Bauern-Bursch occupirte Stadt Kellheimb / durch militarischen / Gewalt anwiederumben in Unsere Hand kommen; und die Uns von GOTT committirte Administrirung der lieben Justitz erfordert / jene Unterthanen zu gebührender Bestraffung zu ziehen / welche / ihrer abgelegten Pflicht zu gegen / treuloser Weiß sich vermessen / wider Uns Auffzustehen / die Waffen zuergreiffen / auch andere in dem schuldigen Gehorsamb annoch gestandene Unterthanen hierzu anzureitzen / und sich so gar geschlossener Orthen zu bemächtigen / mithin in Perduellione das so schwere Last / der beleidigten Majestät / etc. wieder Unser allerhöchste Person / und ihnen von Gott / dem Allmächtigen / vorgesetztes Ober-Haupt / und Lands-Herrn / über alle biß anhero geschehene Abmahnungen / zubegehen;
Als haben Wir für diese Ubelthätter folgendes End-Urtheil abfassen lassen; Befelchen hiemit Allergnädigst solches ihnen Delinquenten zu wohlverdienter Straff / andern aber zum greulichen Exempel und Abscheuhen nach dem Buchstablichen Jnnhalt ohne weithern Anstand zu exequiren.
Als Erstlichen wollen / und beselchen Wir / daß all- und jede / welche / bey Uberfallung ermeldt- unserer Stadt Kellheimb / mit- und beygewest / Hand angelegt / zur Guarnison eingezogen / und anjetzo gefänglich angenommen worden / zur Richtstatt geführt / und selben ins gesambt der Todt angekündet werde; Und obschon diese alle / ohne Unterschidt / das Leben verwürckt / und mit dem Strang zum Todt von Rechts-wegen hingericht zu werden verdienet; So wollen Wir hierinnen doch Unsere Allerhöchste Clementz der Schärffe vorgezogen / und verordnet haben / daß auß disen in die Guarnison eingetrettenen / und anjetzo gefänglich übernommenen Ublthättern allezeit 15. zu 15. spielen / mithin jener / auff deme das wenigste Loß fallet / mit dem Strang / im Angesicht der Andern / hingericht / folglichen jedesmahl gegen den 15ten verfahren werde; dabey aber auß jedem Gericht ein Bößwicht herzunehmen / dergestalten / daß / wann auch auß selben nur einer darunter sich befinden wurde / gegen disem / ohne daß man ihne unter das Loß ziehe / mit vorermeldteter Todts-Straff verfahren werde.
Da nun das Urthl an dem 15ten Mann durchgehends exequirt / seynd die hinterblibene (welchen das Leben auß Gnaden geschenckt worden) zu untersuchen / auß selben die jenige / so zu Kriegs-Diensten tauglich / herauß zunehmen / und / biß auff weithere Verordnung / in gefänglichen Verhafft nacher Jngollstatt zu überliffern / die übrigen aber / welche zu Kriegs-Diensten nit annemlich / haben Uns beyligenden Ayd der Treu zuverneueren / und disen getreulich abzuschwehren; doch seynd selbe ad opus publicum solcher gestalten condemnirt / daß durch sie die Pforten der Stadt Kellheimb / wie ingleichem all-anligende Defensions-Werck rasirt / und umbgerissen werden solten; nach welch-verrichteter Arbeith sie zu Soldaten-Diensten untaugliche Gesellen ins gesambt in ihre Heimbeter zu entlassen seynd.
Andertens hat es in der Todts-Straff eben dise Meinung mit jenen Burgern / welche wieder Uns / Rebellischer Weiß / auffgestanden / sich zu der eingetrungenen Bauern-Bursch gesellet / und in der Zeit / da Unsere Truppen vor die Stadt angeruckt / sich gegen selbe in der That feindlich auffgeführt; auß welchen dann auch / auff vorersagte Weiß / doch nicht der 15te sondern der 10te oder wann deren nicht so viel / der 5te Mann auff zu hencken / die hinterbleibende taugliche Burger zu Kriegs-Diensten zunehmen / die übrige aber / gegen geschwohrner Urphed / auff ewig der Landen zu Bayrn und Obern Pfaltz zu verweisen / beynebens all-ihre verwürckte Haab- und Güter unter Unsern Fiscum zuziehen seynd.
Und da sich / drittens / bey vornehmender Untersuchung befinden würde / daß der Jäger des Pflegers / oder andere / wie verlauten will / auff Unsere Militz geschossen / mithin sich gegen selber Feindlich gestellet / ist selber / oder selbe / sodann auch mit dem Strang vom Leben zum Todt hinzurichten.
Zumahlen sich aber / Vierdtens / bezeuget / daß der Metzger Krauß / der Haubt-Rädlführer / welcher / denen Rechten gemäß / auch in schwäre Straff verfallen / diter aber dermahlen nicht zu verhafft kommen / und nicht wissend ist / ob nicht selber / bey Occupirung der Stadt / massacrirt worden / oder in der Flucht in der Altmühl ertruncken.
Als wollen Wir / falls sein Cörper gefunden wurde / daß selber in Loco geviertheilt / und in allen 4. Rend-Aembtern ein Theil davon / an denen gewöhnlichen Orthen / durch den Scharffrichter auffgehenckt: da aber der Cörper nicht zufinden / in effigie verfahren / dessen Hauß / und anligende Grund-Stuck / durch vorermeldte ad opus publicum condemnir- te Gesellen / nidergerissen / und der Erden gleich gemacht / auch auff dem Grund ein Galgen gesetzet werde; welche Meinung es allerdings hat mit jenen / so diesen Bößwicht verbergen / und darüber erhascht wurden.
Gleich wie aber von disem geschöpfften Urtheil und Execution / jene eximiret seynd / welche erweißlichen beybringen können / daß sie mit würcklicher Gewalt Anlegung (so aber keines weegs auff die / in denen / von denen Rebellanten herumbgeschickten Patenten / außgeworffene Betrohungen / sondern allein auff den Actual-Zwang den Verstand hat) zum Mitgehen gezwungen worden; also auch seynd die bekandliche Rädelführer / abgedanckte Bäyrische / oder auß Unsern Diensten außgerissene Soldaten unter das Loß nicht zunehmen / sondern gegen selbe sogleich mit der Straff des Strangs zuverfahren.
Fünfftens ist die weitere Verordnung geschehen / daß Unsere in Kellheimb gelegene Militz nacher Jngolstadt arrestirlich gelieffert / und gegen selber ebenfalß daß fallende Kriegs-Recht vollzögen werde. Welches alles dann von Puncten zu Puncten zu exequiren ist; woran sich jedermäniglich zuspiegeln / und gleich wohl sich selbsten von disen wohlverdienten Straffen zu gewahrnen wissen wird.
Geben in München den 20. December / 1705.