Ausführlicher Bericht

Uber die Bey dem Marckt Aidenbach den 8 Jenner 1706.
vorgegangene Niderlag deren Rebellischen Unterthanen in Bayerland.

Wienn vom 16. biß 19. Januarii 1706 (Num. 257)



General von Kriechbaum übersandte diesen Bericht am 09.01.1706 aus dem Hauptquartier Aldersbach an die Administration in Wien. Verfasser des Berichts: Hofkriegs- und Kammerrat Baron von Gemmel, der dem ganzen Werk [Schlacht] von Anfang bis zum Ende beigewohnt und alles mit Augen persönlich gesehen hat.


Nachdeme der Kayserl. Cammerer und General-Feld-Wachtmeister / Herr Baron von Kriechbaum / seinen den 1. Jenner auß München mit denen unterhabenden Kayserl. und Fränckischen Truppen angefangenen Marsch den 7. dito von Eggenfelden weiters fortgesetzet / in Meynung / gegen Viltzhofen zu rucken / und das auffgestandene Land vor weiterer Unruhe zu bedecken / oder das / in selbiger Gegend von denen durch den Herrn Obristen / Baron von Arnan / empfangenen Streich noch nicht völlig gedämpffte / sondern sich immer mehr verstärckende / und in Waffen steben de Land-Volck auffzusuchen; brachte eine vorigen Tags außgeschickte Parthey einen Spionen ein / welcher auff beschehenes Examiniren außgesagt: daß er eigentlich darumb außgegangen / umb die Käyserliche auffzusuchen / und wo sie stehen / auch wie starck sie seyn möchten / dem commandirenden Obristen Hofmann (so von Brannau auß noch einen starcken Succurs erwartet hat) rechte Kundschafft zu bringen; Worauff dann der Herr General / Baron von Kriechbaum / noch selbigen Tag den Marsch an das Schloß Gutteneck auff Dummeldorff genommen / in selbiger Gegend über Nacht cantoniret / und Freytags / den 8. dito darauff / gegen das Closter Allerspach und den Marckt Aidenbach zugerucket; unter Weegs aber bey dem Schloß Haidenburg (allwo der voraußgegangene Vortrupp zuruck kommen / und berichtet / daß der Feind in vollem Haussen / theils in- und theils bey Aidenbach stehe) mit der Reutterey so lang angehalten / biß das Fuß-Volck mit denen Stucken und Ammunitions-Wägen nachgerucket.

Unterdessen hat eine andere Parthey / welche mit gewisser Ordre an den Herrn Obristen / Baron von Arnan / nach Viltzhofen abgeschicket worden / durch 2. Hussaren Nachricht gegeben / daß erwehnter Herr Obrister zwar denen 2. Pfältzischen Regimentern entgegen gegangen / jedoch den Anspachischen Granadier-Obrist-Lieutenant / Herrn von Marchal / mit selbigen Granadirern und theils Kayserl. Truppen / bey 2000. Mann starck / zu Viltzhofen hinterlassen hätte. Auff welches hochbesagter Herr General alsogleich die Ordre gegeben / daß er / Obrist. Lieutenant / die benöthigte Besatzung in der Stadt Viltzhofen zuruck lassen: mit allübriger Mannschafft aber schleunigst auff Aidenbach anmarschiren / und dem Feind in Rucken zu kommen suchen solle; So bald nun das Fuß-Volck bey dem Schloß Haidenburg ankommen / hat sich der Herr Genaral / Baron von Kriechbaum / in die Schlacht-Ordnung gestellet / und solcher Gestalten seinen Marsch gegen Aidenbach / fast eine Stund weit / fortgesetzet.

Der Feind / als er dieses wahrgenommen / hat (weil man Kayserl. Seits über einen tieffen Bach setzen / und dadurch sich zimblich verweylen müssen) die Zeit gewonnen / und sich auff ein hohes Feld vor dem Wald postiret; auff welchen der Herr General durch- und neben dem Marckt Aidenbach über die zu passiren sehr beschwerlich- und bergige Felder / das Fuß-Volck mit der Reutterey / so gut es seyn können / zusammen geschlossen haltend / biß ohngefehr 200. Schritt an den gantz vortheilhafftig gestandenen / der Kundschafft nach / bey 7000. Mann starcken Feind angerucket / in Hoffnung / eine standhaffte Gegenwehr zu bekommen; es haben sich aber die Rebellen / ehe man die Höhe gar besteigen können / gleichsam in einem Augenblick / ohne Machung des geringsten Feuers / in den hinter sich gehabten Wald gezogen; ihr Commendant aber / und andere Officiers seynd / gleichwie sie s. v. schelmischer Weiß ihr Rebellisches Commando angetretten / wieder solcher Gestalten auff ihren Pferden mit der wenig, gehabten Reutterey durchgegangen / und haben ihre so genante Haupt-Armee im Stich gelassen; welche der verbitterte Soldat / sowohl zu Pferd / als zu Fuß / alsogleich umringet / und in denen Wäldern / auch Feldern auffgesuchet / alles / was sich nur blicken lassen / gegen einem geringen Widerstand solcher Gestalten nidergemacht / daß der wenigere Theil darvon kommen; theils von ihnen haben sich in einige / unweit von dieser Niderlag gelegene Bauern-Häuser retiriret / und sonderbahr auß einem auff die Kayserliche mit kleinem Gewehr starck Feuer gegeben; dahero diese Häuser sammentlich in Brand gestecket / und / was nicht darinn verbrennen / sondern entlauffen wollen / ohne Unterschied niedermacht worden.

Dise Niderlag hat / ohne Auffhören / ohngefehr von halber 12. Uhr Mittags biß gegen 4. Uhr Abends gewähret / also zwar / daß dise Niderlag der an dem Hl. Christ-Tag bey München vorgegangenen weit überlegen / und ist gewiß / daß der wenigere Theil von disem Rebellischen Volck darvon kommen; was aber würcklichen auff dem Platz gebliben / ist eigentlich nicht zu beschreiben / wehl aber zu glauben / daß von 4000. Todten wenig hundert abgehen werden; weil man die in den Wäldern / worin die gröste Niderlag geschehen / und häuffig hin und wider zu sehen seynd / nicht wissen kan; die Felder / Wisen und Aecker aber von dem Marck Aidenbach auß / fast eine gantze Stund weit / häuffig mit Todten übe streuet seynd. Bey dieser Action haben die Rebellen / ihrer einenen Bekantnuß nach / ihre beste Leuth / sambt einem Hauptmann verlohren / und die bey sich gehabte 4. schöne Stuck / darunter 2. Augspurgische / neben einem mit Munition beladenen Wagen / und einem Wagen Schantz-Gezeug / mit aller Bespannung / zur Beuth hinterlassen; Gefangene seynd fast gar keine / ausser der vormahls geweste Bayrische / nachgehends Würtenbergische Hauptmann / Nahmens Weber / und der Land-Gerichts Ober-Schreiber auß Scharding / welcher von einer Hussaren-Parthey eingebracht worden.

Nachdem nun diese glückliche Action also vollendet / ist auß Viltzhofen der hierzu beordrete Anspachische Obrist-Lieutenant mit 1600. Mann zu Fuß / und ohngefehr 120. Pferden in der Nähe ankommen / welcher den 9. dito wiederumb zuruck nach Viltzhofen gehen / Herr General Kriechbaum aber mit seinem unterhabenden Corpo einen Rast-Tag halten / und alsdann weiters agiren wird.




Continuation Dessen / was seithero von besagter Niderlag in Bayern weiters vorgegangen.

Demnach der Herr General Kriechbaum den 12. Jenner mit der Cavallerie. so in Reuttern / Dragonern und Hussaren bestanden / und noch über die vorhin schon angelangte 500. Anspachische Granadirer / etlich 100. Musquetirer zu Passau ankommen / seynd auch eben selbigen Tag einige Deputirte von Braunau / als nemblich ein Bauer auß dem neuen daselbst auffgerichteten Bauern-Parlament / der Postmeister / ein Burger und ein Tambourangelangt / die bey Sr. Excellentz Audientz begehret / so sie auch erhälten / in welcher sie aber nichts anders vorgebracht / als daß sie zwar willig wären / die Vestung Braunau ihro zu übergeben / bitten aber umb 14. Tag Auffschub. Worauff der Herr General ihnen einen scharffen Verweiß gegeben / mit Sprechen / daß er ihnen nicht eine Stund verwillige / sondern wofern sie nicht gleich bey seiner Ankunfft / so innerhalb 3. Tagen beschehen werde / ihme die Vestung übergeben / keines Menschen darin verschonet werden solte. Mit dieser Post hat er den Tambour allein zuruck geschicket / die andere aber verarrestiren / und starck verwachten lassen.




Den 13. dito hat gedachter Herr General einen bey Aidenbach gefangenen Bayrischen Ober-Schreiber neben 30. Hussaren nacher Scharding geschicket / der nicht allein die grosse Niderlag bey Aidenbach / welche täglich grösser wird / und sich schon bey 5000. belauffet / denen Burgern und Bauern erklären / sondern auch den Außforderungs-Brieff und anerbietende Kayserl. Gnad zugleich übergeben solte / in welchem ihnen 24. Stund sich zu bedencken gegeben worden: seynd aber selben Abend wieder zuruck kommen / mit Vermelden / daß zwar die Burger zur Ubergab geneigt / die Bauern aber nicht dahin zu bereden wären; wie sie dann selbe Nacht einen Tambour herauß geschicket haben / und dem Herrn General eine sehr schimpffliche Post sagen lassen / unter anderen vermeldend: er solte nur kommen / sie wollen ihn schon mit Kugeln empfangen.




Den 14. dito ist der Herr General auff den Maria Hülff-Berg geritten / daselbst seine Andacht verrichtet / indessen aber die Dragoner und Reutter vorauß gegen Scharding marschiren lassen / alsdann sich zu Pferd gesetzet / in Begleitung des hiesigen Herrn Hof-Marschallen / eines Dom-Herrn / und anderer hiesiger Cavallieren / gefolget; darauff kamen die Anspachische Granadirer und Musquetirer / in allem bey sünffthalb tausend Mann / lauter starcke brave und wohlmondirte Leuth / die nichts anders wünschten und verlangten / als daß sich nur Scharding nicht per Accord ergebe / damit sie solches mit Sturm erobern / mithin Beuth machen könten. Nach den Soldaten folgten 8. Stuck / Munition- und Bagage-Wägen / die Mörser und Bomben aber / so Jhre Hochfürstl. Eminenz auß Dero Zeug-Hauß erfolgen lassen / wurden eingeschiffet / und neben vielen leeren Schiffen / zu Erbauung einer Schiff-Brucken / bey Fornbach / in Begleitung 100. Granadirer / gegen Scharding abgeführet.




Nachdeme nun der Herr General mit seinem Corpo eine Stund weit vor Scharding kommen / hat sich ein Burgermeister / Nahmens Keck / von gedachtem Scharding befunden / und die Stadt-Schlüssel überreichen wollen / welche aber der Herr General nicht annehmen wollen / mit Vermelden: Jhr seyd bißhero nicht Herren der Stadt gewesen / sondern die Bauern / dahero will ich die Schlüssel von dem Bauern-Commendanten haben. Setzten darauff ihren Marsch ferner nacher Scharding fort; da Sie sich der Stadt genähert / kamen beede Burgermeister mit denen Vornehmeren des Raths / warffen sich dem Herrn General zu Füssen / daten umb Gnad / überreichten ihm die Schlüssel / mit tieffester Demuth; in der Stadt stunde die gantze Burgerschafft im Gewehr; nachdem sie solches præsentiret / haben sie es alsobald / zum Zeichen der Submission nidergelegt. Alle Bauern seynd in der Nacht entflohen / und vile noch selbigen Tag / als sie den Anmarsch vernommen, Einige wollen / daß sie nach Braunau; andere / daß sie nacher Hauß gegangen / anstatt des Gewehrs den Trischel wieder zu ergreiffen